Die Arktis als Ökosystem und Lebensraum ist in Gefahr

Die Arktis spielt eine zentrale Rolle für das natürliche Gleichgewicht auf der Erde. Diese Region umfasst Teile von Norwegen, Schweden, Finnland, Island, Russland, Grönland sowie der USA (Alaska) und Kanada. Die Landschaft ist geprägt vom Ozean, Schnee und Eis, von Feuchtgebieten, Fjorden, Inseln und vom Festland mit riesigen Nadelwäldern und Permafrost. Trotz des unwirtlichen Klimas ist die Arktis der Lebensraum von Fischen, Vögeln sowie Säugetieren. Hier leben rund 400 000 Mitglieder indigener Gemeinschaften – das sind rund 10 Prozent der arktischen Bevölkerung. Nicht nur sie, sondern wir alle sind abhängig von der Zukunft der Arktis: Wenn das arktische Eis schmilzt, so steigt der Meeresspiegel an. Der Permafrost lagert Treibhausgase in den Böden, welche bei einer Erwärmung in die Atmosphäre steigen würden.
Die Arktis ist gefährdet: Wegen dem Klimawandel wird erwartet, dass sie bereits 2035 im Sommer weitgehend eisfrei sein wird und Waldbrände nehmen weiter zu. Wenn der Permafrost auftaut, so bringt dies das ökologische Gleichgewicht dieser Region ins Wanken. Die Arktis ist aber auch gefährdet, weil sie wichtige Rohstoffe wie Kupfer, Nickel, Erdöl und Erdgas birgt. Auf diese Rohstoffe hat mit dem schmelzenden Eis ein regelrechter Run eingesetzt: So will Russland 210 Millionen Euro in die Erschliessung neuer Ölvorkommen investieren, und in den USA gab die Trump-Regierung in Alaska Umweltschutzgebiete und indigene Territorien für die Öl- und Erdgasförderung frei. Die Hoffnungen ruhen nun auf dem neugewählten Präsidenten Joe Biden, der eine indigene Frau als Innenministerin ernannt und sich öffentlich gegen die Öl- und Gasförderung in der Arktis geäussert hat.
Rohstoffhunger und Klimawandel zerstören den Lebensraum indigener Gemeinschaften wie die Sami in Norwegen oder die Nenzen in Russland. Jagen, Fischen oder Rentierzucht sind gefährdet, Flüsse werden vergiftet oder ganze Landschaften von Grossprojekten zerschnitten. Beim Kampf um ihre Rechte und den Erhalt ihres Lebensraums erhalten die indigenen Gemeinschaften in vielen Fällen kaum Unterstützung. Im Gegenteil: Insbesondere in Russland erfahren indigene Aktivistinnen und Aktivisten massive Drohungen und werden Opfer von Repression durch die Regierung, wenn sie sich für die Respektierung ihrer Territorien einsetzen.
Hier setzt die GfbV-Kampagne an: Helfen Sie uns dabei, mit den indigenen Gemeinschaften zusammen die Zerstörung zu stoppen und ihnen – und letztlich auch uns – eine lebenswerte Umwelt zu erkämpfen!
So unterstützt die GfbV indigene Gemeinschaften in der Arktis – helfen Sie mit!

Die GfbV unterstützt in Norwegen und Russland indigene Gemeinschaften beim Kampf um ihren Lebensraum, die Einhaltung ihrer Menschenrechte und Selbstbestimmung. In unserer Kampagne setzen wir auf folgende Schwerpunkte und engagieren uns für entsprechende Forderungen:
- Wirtschaftliche Verantwortung: Die GfbV fordert von den Wirtschaftsakteuren die Respektierung der Rechte der indigenen Gemeinschaften in der Arktis und will diese insbesondere bei Schweizer Firmen durchsetzen. Dies beispielsweise im Rahmen eines Mediationsverfahrens mit der BKW vor dem Nationalen Kontaktpunkt (NKP) für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen.
- Verantwortung der Schweiz auf politischer Ebene: Die Schweizer Aussenpolitik soll sich mehr für die Umwelt und Menschenrechte in der Arktis einsetzen, insbesondere innerhalb des Arctic Council, wo die Schweiz Beobachterstatus innehat, aber auch durch direkte diplomatische Intervention bei den Arktis-Anrainerstaaten.
- Empowerment: Die GfbV unterstützt die Vernetzungs- und Aufklärungsarbeit des russischen Indigenen-Netzwerks Aborigen Forum und der Sami-Organisationen.
- Begleitung von Delegationen: Die GfbV begleitet indigene Delegationen, damit sie bei den Akteuren der Politik und Wirtschaft und internationalen Organisationen ihre Anliegen einbringen können.
- Öffentlichkeitsarbeit: Die GfbV macht die kritische Situation der indigenen Gemeinschaften in der Arktis bekannt und unterstützt somit deren Arbeit vor Ort.
Verteidigen Sie mit uns Mensch und Natur in der Arktis! Vielen Dank.
Beispiel Indigene Gemeinschaften Russland
Sibirien ist das neue Eldorado von Russland: Auf der Halbinsel Taimyr sowie auf der Jamal- und der Gydan-Halbinsel existieren Millionen Tonnen Kupfer, Nickel, Eisenerz, Kohle sowie Erdöl und Erdgas. Die russische Regierung und russische Unternehmen investieren, zum Teil mit Partnern aus Europa und China, in die Erschliessung dieser Bodenschätze – mit Pipelines, Häfen, Förderanlagen und weiterer Infrastruktur. Doch der Abbau der begehrten Ressourcen gefährdet die Lebensweise der indigenen Gemeinschaften.
Diese Projekte sind mit hohen Risiken verbunden. So flossen im Mai 2020 tausende Tonnen Dieselöl aus einem beschädigten Tank des russischen Nickelproduzenten Nornickel in die freie Natur. Nördlich des Unfallorts sind die indigenen Gemeinschaften der Dolganen, Nenzen und Nganassanen beheimatet. Ihr Wasser ist vergiftet und die Fische aus den Flüssen sind nicht mehr essbar.
Solche Unfälle verschlechtern die auch sonst schon gravierende Situation der indigenen Gemeinschaften in Sibirien zusätzlich. Denn auch rechtlich sind sie besonders schlecht gestellt. Zudem werden sie von der russischen Regierung massiv unter Druck gesetzt und eingeschüchtert. Russland hat die ILO-Konvention zu indigenen Völkern nicht ratifiziert und hat der UN-Deklaration zu den Rechten indigener Völker (UNDRIP) nicht zugestimmt. Der Staat hat zudem die Kontrolle über den Dachverband der indigenen Völker RAIPON übernommen. Daher haben einige russische Indigene das Netzwerk Aborigen Forum aufgebaut. Dessen Aufklärungs- und Vernetzungsarbeit unterstützt die GfbV, indem sie den Anliegen der sibirischen Indigenen Gehör verschafft und über ihre prekäre Menschenrechtssituation informiert.

Beispiel Kupfermine Repparfjord in Norwegen
Der Repparfjord ist ein kleiner Fjord in der nord-norwegischen Finnmark. Nun plant die Bergwerksgesellschaft «Nussir ASA» am Repparfjord den Betrieb zweier Kupferminen. Aus Sicht der GfbV und den Sami-Gemeinschaften gefährdet das Projekt die Umwelt und Sami-Rechte: Der Betrieb dieser Minen würde in den Augen der betroffenen Sami die traditionelle Rentierzucht vor Ort gefährden – und damit ihre Lebensgrundlage. Zudem würde die mit Chemikalien und Schwermetallen versetzte Restmasse der Minen in den Repparfjord geschüttet werden und damit der Fischbestand und die lokale Fischerei bedroht.
Die Credit Suisse verwaltete gemäss den Recherchen der GfbV bis 2019 als Nominee Shareholder 20,6 Prozent der Aktien von Nussir ASA. Somit verwaltete die Grossbank hinter der norwegischen Firma Monial AS den zweitgrössten Aktienanteil an der Firma. Die betroffenen Sami-Gemeinschaften, das Sami-Parlament und die GfbV forderten die Credit Suisse auf, auf ihre Rolle als Nominee Shareholder zu verzichten, bis eine einvernehmliche Lösung mit den betroffenen Sami gefunden ist. Die Credit Suisse ist seit 2020 nicht mehr als nominee shareholder an dem Projekt beteiligt. Dies ist ein Teil-Erfolg: Mit dem Rückzug der CS wird nun endlich die Identität des eigentlichen Investors genannt, der nun unter eigenem Namen offiziell im Investorenverzeichnis von Nussir ASA vermerkt ist und damit selbst die Verantwortung übernehmen muss.

Trotz dem Ausstieg der CS ist das Minenprojekt noch nicht vom Tisch. Nussir ASA hat kürzlich eine Absichtserklärung mit dem deutschen Kupferriesen Aurubis abgeschlossen. Somit ist die Realisierung des Projekts einen Schritt weiter. Die Sami-Gemeinschaften bekämpfen das Projekt gegenwärtig mit allen politischen und juristischen Mitteln und sind mit Aurubis im Gespräch. Die GfbV unterstützt die Anliegen der Sami und wird diesen Fall eng begleiten.
Das sind die spezifischen Forderungen der GfbV und der betroffenen Sami-Gemeinschaften:
- Landrechte der Sami müssen in allen Projekten anerkannt werden. Dies bedeutet bei einer Einigung über Landnutzungsrechte eine angemessene Entschädigung, beispielsweise durch Gewinnbeteiligung.
- Nussir ASA soll das Projekt stoppen, bis eine einvernehmliche Lösung mit den betroffenen Sami gefunden worden ist.
- Alle Akteure müssen sich bei sämtlichen künftigen Investitionsprojekten dem „Free, Prior and Informed Consent“ (FPIC) Damit stellen sie sicher, dass die Rechte der Indigenen berücksichtigt werden und ihre Mitbestimmung garantiert ist. Dies gilt auch für Projekte für erneuerbare Energien.
Beispiel Windkraft-Anlage Storheia in Norwegen
In Mittelnorwegen ist auf der Fosen-Halbinsel eine riesige Windfarm-Anlage entstanden. Storheia ist als eines der betroffenen Gebiete für die lokalen Südsami von grosser Bedeutung: Das Gebiet Storheia stellt rund 44 Prozent des Winter-Weidelandes für die indigenen Rentierzüchter der Südsami. Wegen dem Projekt ist dieses Weideland jetzt weggefallen – die Rentiere meiden den Windpark. Dies hat einschneidende Folgen für die Südsami. Durch den Verlust dieser grossen Weidefläche haben sie mittel- bis langfristig zu wenig Winterweiden für ihre Rentierzucht. Zur Folge werden die letzten verbleibenden Züchterfamilien ihr traditionelles Gewerbe reduzieren oder ganz aufgeben müssen – und damit ihre Kultur. Aus diesem Grund verstösst das Projekt aus Sicht der Gesellschaft für bedrohte Völker gegen völkerrechtliche Abkommen und menschenrechtliche Konventionen.
Realisiert wurde das Windprojekt durch das Konsortium Fosen Wind DA. Eigentümer sind der staatliche norwegische Energiekonzern Statkraft sowie mit 40 Prozent Nordic Wind Power DA, ein Konsortium europäischer Investoren, gegründet von der Credit Suisse Energy Infrastructure Partners AG. Zu dessen Mitgliedern gehört BKW Energy mit einer indirekten Beteiligung am Projekt von 11.2 Prozent.

Das tut die GfbV
Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat die betroffenen Rentierzüchter-Familien in Storheia besucht und unterstützt ihre Forderung nach Mitbestimmung beim Bau der Windkraftanlage. Sie organisierte für eine Delegation der Südsami im Dezember 2018 eine Reise in die Schweiz, damit zwei Betroffene Gespräche mit den Investoren BKW und Credit Suisse führen und ihre Anliegen persönlich vorbringen konnten. Darauf reichte die GfbV eine Beschwerde gegen die BKW beim Nationalen Kontaktpunkt (NKP) für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen ein und befindet sich momentan mit der BKW in einem Mediationsverfahren.
Das sind die Forderungen der GfbV und der betroffenen Sami-Gemeinschaften:
- Statkraft soll das Projekt in Storheia rückbauen und die betroffenen Südsami-Gemeinschaften angemessen entschädigen für die Beeinträchtigungen, die während der Bauphase entstanden sind.
- Statkraft und Nordic Wind Power DA sollen bei künftigen Projekten eine unabhängige Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung zu den Auswirkungen durchführen und veröffentlichen.
- Landrechte der Sami müssen in künftigen Projekten anerkannt werden. Dies bedeutet bei einer Einigung über Landnutzungsrechte eine angemessene Entschädigung, beispielsweise durch Gewinnbeteiligung.
Alle Akteure müssen sich bei sämtlichen künftigen Investitionsprojekten dem „Free, Prior and Informed Consent“ der Uno (FPIC) verpflichten und sicherzustellen, dass die Rechte der Idigenen berücksichtigt werden und ihre Mitsprache garantiert ist. Dies gilt auch für Projekte für erneuerbare Energien.
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Kontakt
Kontaktperson bei der GfbV:
Tabea Willi, Kampagnenleiterin
Tel. 0041 31 939 00 09
tabea.willi@gfbv.ch