Fallbeispiel

Norwegen: Geplante Kupferminen bedrohen Sami-Kultur

Besuch Sami Norwegen bei Credit Suisse, Sommer 2019 Besuch Sami Norwegen bei Credit Suisse, Sommer 2019

Seit bald zehn Jahren sind im Norden Norwegens zwei Kupferminen geplant. Der Rohstoff ist zentral für Wind- und Solartechnologie. Doch die Abfälle der Minen wären katastrophal für die lokale Fischpopulation, Fischerei und Renntierzucht. Letzteres ist die Lebensgrundlage der heimischen Indigenen Sámi. Diese wehrten sich gemeinsam mit der GfbV teils mit Erfolg: Die am Projekt massgeblich beteiligte Credit Suisse sprang ab. Es folgte ein bis heute andauernder Kampf der Sámi dagegen, dass unter dem Deckmantel der Energiewende ihre Rechte missachtet werden.

Der Repparfjord ist ein kleiner Meeresarm (Fjord) in der nord-norwegischen Finnmark. Mit seiner Fischpopulation ist er für die dortige Fischerei von Bedeutung. Im Umland leben ausserdem Sámi-Gemeinschaften. Für sie stellen die Weiden wichtiges Rentierzuchtland dar. Doch unter dem Boden befinden sich Kupfervorkommen, deren Abbau sich die Bergwerksgesellschaft „Nussir ASA“ seit nunmehr einem Jahrzehnt zum Ziel gesetzt hat.

Damit ist die «Nussir ASA» Teil eines gegenwärtigen energiepolitischen und damit auch ökonomischen Trends. In den letzten Jahrzehnten ist der Kupferabbau rasant angestiegen. Diese Entwicklung hat hinsichtlich der Bedeutung von Kupfer für die Energiewende nochmals deutlich zugenommen. So wird das Metall nicht nur als elektrischer Leiter verwendet, der durch seine Eigenschaften als hocheffizient für die Stromnetze gilt, sondern es ist auch ein wichtiger Bestandteil von Solar- und Windenergieanlagen.

Lebensraum der Sámi ist bedroht

Um die steigende Nachfrage zu bedienen, plant das Unternehmen „Nussir ASA“ nun seit 2014 den Betrieb zweier Kupferminen auf Sámi-Land beim Repparfjord. Konkret geht es um den Abbau von 50‘000 Tonnen Kupfererz an den Orten Nussir und Ulveryggen. Aus Sicht der dort lebenden Sámi-Gemeinschaften und der GfbV gefährdet das Projekt die Umwelt und verletzt die Rechte der Sámi, besonders durch fehlende Konsultationsprozesse. So sollen der Kupferabbau, der Betrieb der Minen und der Bau der dafür benötigten Infrastruktur auf Sámi-Rentierzuchtland stattfinden. Damit wäre die traditionelle Rentierzucht vor Ort bedroht – und entsprechend auch die Lebensgrundlage und Kultur derIndigenen Gemeinschaften. Doch damit nicht genug: Geplant ist auch eine Unterwasser-Entsorgung, mit welcher die mit Chemikalien und Schwermetallen versetzte Restmasse, sprich die Abfälle der Minen, direkt in den Fjord abgelassen würde. Dies würde den Fischbestand und die davon abhängige lokale Fischerei bedrohen.

Im Video sprechen Sami-Vertreterinnen und -Vertreter über ihre Sicht der geplanten Kupferminen im Repparfjord.

Credit Suisse unter Druck

In diese Pläne war auch die Schweizer Bank Credit Suisse (CS) involviert: Als sogenannter Nominee Shareholder verwaltete sie gemäss den Recherchen der GfbV bis 2019 für damals unbekannte Kund:innen 20.6 Prozent der Aktien von Nussir ASA. Somit war die Grossbank hinter der norwegischen Firma Monial AS für den zweitgrössten Aktienanteil an der Firma zuständig. Die betroffenen Sámi-Gemeinschaften, das norwegische Sámi-Parlament und die GfbV forderten die Credit Suisse auf, auf ihre Rolle als Nominee Shareholder zu verzichten, bis eine einvernehmliche Lösung mit den betroffenen Sámi gefunden ist. Die GfbV startete 2019 eine Kampagne zur Involvierung der CS mit dem Slogan «Stop banking against the Sámi!», um über die Öffentlichkeit Druck auf die Schweizer Bank und ihre Verantwortung in Bezug auf Indigenenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen.

Während sich auf rechtlicher Eben nichts bewegt, ist die Credit Suisse im Dezember 2020 auf die Forderungen der Sámi-Gemeinschaften und der GfbV eingegangen: Die Bank gab die Aktienverwaltung der Anteile an Nussir ASA ab und ist seither nicht mehr als Nominee Shareholder am Projekt beteiligt. Dies ist ein Teil-Erfolg, denn mit ihrem Rückzug wurde endlich die zuvor vertraulich gehaltene Identität des eigentlichen Investors genannt, der nun unter eigenem Namen offiziell im Investorenverzeichnis von Nussir ASA vermerkt ist und damit selbst die Verantwortung übernehmen muss. Dieser Investor meldete sich nach der Einigung zwischen der Bank und den Gemeinschaften bei den Sami.

Im März 2019 reichten die Umweltorganisation Naturvernforbundet, das Sámi-Parlament und Rentierzüchter:innen Klage gegen die Erteilung der Betriebslizenz für Nussir ASA ein. Dies mit der Begründung, dass die Erteilung der Lizenz die nationalen sowie internationalen Rechte der Indigenen Sámi verletze. Bis heute ist die Klage hängig.

Der politische Kampf geht weiter

Trotz dem Ausstieg der Credit Suisse ist Minenprojekt noch nicht vom Tisch. Nussir ASA schloss eine Absichtserklärung mit der Aurubis AG ab – Europas größter Kupferproduzentin. Somit wurde die Realisierung des Projekts einen Schritt vorangetrieben. Die Sámi-Gemeinschaften bekämpften das Projekt mit allen politischen und juristischen Mitteln und kamen mit Aurubis ins Gespräch. Im Sommer 2021 schlossen sich junge Aktivist:innen am Ufer des Repparfjords lokalen Fischer:innen und Indigenen Sámi an, um den Bau der Mine zu blockieren. Ihre Anwesenheit erregte weitere Aufmerksamkeit des deutschen Kupferriesen Aurubis, der bekannt gab, dass er seine Abnahmevereinbarung mit Nussir aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit kündigte. Momentan stagniert der Prozess des Minenbaus auch durch den Ausstieg verschiedener Investor:innen. Trotzdem ist die Mine weiterhin geplant und somit die Bedrohung der Sámi-Kultur sowie der Landschaft nicht abgewendet. Die GfbV unterstützt die Anliegen der Sámi und wird den Fall weiterhin eng begleiten.

Zusammen mit den Sámi-Gemeinschaften konnte die GfbV die Schweizer Grossbank Credit Suisse dazu bewegen, Verantwortung zu übernehmen und aus dem Geschäft auszusteigen. Doch das Projekt ist seit nunmehr bald einem Jahrzehnt eine akute Drohkulisse für die lokale Bevölkerung.

Somit halten die GfbV und die betroffenen Sámi-Gemeinschaften an ihren Forderungen fest:

  • Die Landrechte der Sami müssen in allen Projekten anerkannt werden. Dies bedeutet bei einer Einigung über Landnutzungsrechte eine angemessene Entschädigung, beispielsweise durch Gewinnbeteiligung.

  • Nussir ASA soll das Projekt stoppen, bis eine einvernehmliche Lösung mit den betroffenen Sami gefunden worden ist.

  • Alle Akteure müssen bei sämtlichen künftigen Investitionsprojekten den „Free, Prior and Informed Consent“ (FPIC) einhalten. Damit stellen sie sicher, dass die Rechte der Indigenen berücksichtigt werden und ihre Mitbestimmung garantiert ist. Dies gilt auch für Projekte für erneuerbare Energien.

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