Aktuell (Mai 2022): Indigene aus dem brasilianischen Amazonas konfrontieren den Goldplatz Schweiz mit seiner Verantwortung
Brennende Wälder, Milliarden gefällte Bäume, vergiftete Gewässer und Menschen: Die Ausbeutung des Amazonas-Gebietes hat schwerwiegende Folgen. Gerade beim Goldabbau trägt die Schweiz eine grosse Verantwortung: 70 Prozent des weltweiten Goldes werden via die Schweiz gehandelt oder hier veredelt. Ein Geschäft in dem dringend mehr Transparenz nötig wäre, um sicherzustellen, dass kein Gold in die Schweiz gelangt, das mit Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung in Verbindung steht. Ausserdem finanzieren Schweizer Finanzinstitute den Rohstoffabbau im Amazonas und die damit verbundene Umweltzerstörung mit. Ein neuer GfbV-Kurzbericht zeigt die Verbindungen des Goldplatzes Schweiz zu Brasilien auf, und eine Delegation aus dem Amazonas reiste Anfang Mai in die Schweiz, um Schweizer Akteure mit ihrer Verantwortung zu konfrontieren.
Aktuell (Frühling 2022): Ringen um Transparenz bei Goldimporten
Am 31. März 2022 entschied das Bundesverwaltungsgericht, einer Beschwerde der vier grossen Goldraffinerien zu folgen. Damit lehnt es den Antrag der GfbV zur Offenlegung der Goldlieferanten der Goldraffinerien ab und schützt damit das Steuergeheimnis. Die Transparenz vom Produzenten bis zum Konsumenten wäre essentiell, um schmutzigen Geschäften einen Riegel zu schieben.
Aufgrund der völligen Verschwiegenheit im Goldhandel stellte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) im Februar 2018 bei der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) ein Gesuch auf Akteneinsicht zur Herkunft des importierten Goldes. Sie forderte die Offenlegung der Goldlieferanten der grössten Schweizer Raffinerien von 2014 bis 2017. Hintergrund dieser Anfrage war der im April 2018 erschienene Bericht der GfbV «Drehscheibe Schweiz für risikobehaftetes Gold?». Die EZV wies zuerst das Gesuch der GfbV zurück. Daraufhin forderte die GfbV beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) ein Schlichtungsverfahren. Das EDÖB empfahl, den Forderungen der GfbV nachzugeben. Daraufhin verfügte die Zollverwaltung die Offenlegung der Daten. Gegen diese Verfügung rekurrierten die Goldraffinerien wiederum beim Bundesverwaltungsgericht. Dieses entschied sich zugunsten der Raffinerien und lehnt damit das Gesuch der GfbV ab.
Mit seinem Entscheid stützt das Bundesverwaltungsgericht das Hauptargument der Raffinerien, dass die Handelsbeziehungen dem Steuergeheimnis unterstehen. Die zahlreichen Skandale in den letzten Jahren hingegen beweisen, dass die bestehenden Kontrollmassnahmen nicht genügen. Transparenz über die Herkunft importierten Goldes ist nötig zur unabhängigen Überprüfung, dass kein dreckiges Gold in die Schweiz gelangt. Die GfbV macht darum weiter und wird das Anliegen ans Bundesgericht weiterziehen.
Aktuell (Juli 2020): Metalor bezieht neu sauberes Gold aus peruanischem Kleinbergbau
(Juni 2020) Im Sommer 2019 gab die Raffinerie Metalor bekannt, kein Gold mehr aus dem Kleinbergbau (ASM) mehr zu beziehen, nachdem gegen den peruanischen Hauptlieferant der Raffinerie, Minerales del Sur, Voruntersuchungen wegen Verdacht auf Geldwäscherei und illegalem Goldabbau beschuldigt worden war. Nun ist Metalor zurück im ASM-Geschäft in Peru: Über das Bergbau-Unternehmen Minera Yanaquihua S.A.C. in der Region Arequipa im peruanischen Hochland bezieht Metalor jährlich rund 500 Kilogramm Gold aus ASM-Produktion.
Yanaquihua S.A.C. wird seit 2019 von der „Better Gold Initiative for Artisanal and Small-scale Mining“, der peruanischen Tochterorganisation der Swiss Better Gold Association, unterstützt, die vor Ort die Mineure begleitet und die Einhaltung der Standards überprüft. Zudem verfügt die Mine über ein „Responsible Juwelery Council Chain of Custory Zertifikat“ und wird seit 2010 von der NGO Solidaridad bezüglich Formalisierungsprozess, Gesundheits- und Umweltfragen unterstützt.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) steht dem Entscheid Metalors, durch die Partnerschaft mit Minera Yanaquihua S.A.C. wieder ins ASM-Geschäft einzusteigen, grundsätzlich positiv gegenüber: Dank der Zusammenarbeit mit der Better Gold Initiative scheinen die nötige Sorgfaltsprüfung und Transparenz gewährleistet. Weltweit stellt der Kleinbergbau für Millionen Menschen indirekt oder direkt eine unentbehrliche Einkommensquelle dar. Es ist daher unerlässlich, dass globale Akteure gemeinsam an Lösungen für den Kleinbergbau arbeiten und nach Möglichkeiten suchen, die Förderung des Edelmetalls transparent sowie sozial- und umweltverträglich zu gestalten.
Wenn sich die Minera Yanaquihua S.A.C. weiterhin als sozial und ökologisch nachhaltig erweist, könnte sie als ein Beispiel für „best practices“ dienen und wegweisend für die Zukunft des Kleinbergbaus werden.
So begrüssenswert die Partnerschaft von Metalor mit Minera Yanaquihua S.A.C. darum ist, so täuscht sie aber nicht über zwei wesentliche Probleme hinweg: Erstens bleibt die katastrophale Situation in der peruanischen Region Madre de Dios weiterhin bestehen, auch wenn Metalor die Geschäftsbeziehung zu einem der Hauptexporteure aus der Region abgebrochen hat. Irgendwo auf der Welt findet dieses Gold, das weitgehend unter umweltzerstörerischen und menschenrechtsverletzenden Bedingungen abgebaut wird, weiterhin Abnehmer. Zweitens sind die Mengen von ökologisch und sozial verantwortungsvoll produziertem ASM-Gold immer noch verschwindend klein, gemessen an seiner Gesamtmenge.
Es braucht darum globale Lösungen, an denen alle Stakeholder entlang der Lieferketten gemeinsam arbeiten. Die Raffinerien sieht die GfbV in der Verantwortung, sich für bessere Produktionsbedingungen und die Einhaltung von Umweltstandards zu engagieren. Auf diese Weise wäre ein Ausbau von Modellprojekten und die Förderung des Formalisierungsprozesses im ASM-Bereich, vor allem auch in den schlimmsten peruanischen Gegenden wie Madre de Dios oder La Rinconada, möglich. Damit das Geschäft mit dem Gold, insbesondere der Kleinbergbau umwelt- und sozialverträglich sein kann, muss die Herkunft des Goldes zudem transparent gemacht werden und eine rechtlich bindende Sorgfaltsprüfungspflicht für Unternehmen, wie sie die Konzern-Initiative fordert, ist nötig.
Die GfbV wird die Entwicklungen in der Schweizer Goldbranche weiterhin verfolgen.
Aktuell: Metalor zieht sich aus Kleinbergbau zurück
Mitte Juni 2019 gab Metalor – eine der weltweit grössten Goldraffinerien mit Sitz in Neuchâtel – bekannt, sich vollständig aus dem handwerklichen Bergbau und aus dem Minen-Sammlergeschäft in Kolumbien und Peru zurückzuziehen, bis die erforderlichen Rahmenbedingungen gegeben sind. Die Gesellschaft für bedrohte Völker sieht darin angesichts der äusserst verheerenden Situation vor Ort eine kurzfristige Lösung. Doch in der Goldbranche braucht es vor allem mehr Engagement für saubere Bedingungen, kurze Lieferketten und Transparenz.
Während Jahrzehnten bezog die Raffinerie von Dutzenden von Produzenten, Sammlern und kleinhandwerklichen Bergbaufirmen in Peru Tonnen von Gold. Darunter waren auch Firmen, die Gold aus den schlimmsten Abbaugebieten wie Madre de Dios und La Rinconada bezogen. Die GfbV machte mehrfach auf Missstände bei gewissen Lieferanten aufmerksam. Die GfbV kann den Schritt von Metalor nachvollziehen als Massnahme, um kurzfristig nicht weiter zu diesen gravierenden Umständen beizutragen. Mittel- und langfristig steht Metalor aber in der Verantwortung, sich für eine nachhaltige Verbesserung des Kleinbergbaus einzusetzen.
In Peru und anderen Ländern sind unzählige Menschen auf den Ertrag aus dem handwerklichen Bergbau und dem Sammlergeschäft angewiesen, um zu überleben. Damit dieser menschenrechts- und umweltverträglich sein kann, muss die Lieferkette möglichst kurz und transparent gehalten werden. Die GfbV fordert die Schweizer Raffinerien auf, sich mittel- und langfristig für bessere Produktionsbedingungen und die Einhaltung von Umweltstandards einzusetzen, etwa im Rahmen der Better Gold Initiative oder des Programms der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung UNIDO. Zudem fordert die GfbV die Raffinerien auf, ihre Geschäfte offen zu legen und sich einer soliden Sorgfaltsprüfung zu verschreiben, wie sie die Konzernverantwortungsinitiative fordert.
Aktuell (14. März 2019): Verdacht der peruanischen Staatsanwaltschaft
Ende März 2018 hatten die peruanischen Zollbehörden fast 100 Kilogramm Gold von Minerales del Sur sichergestellt, das für die Schweizer Raffinerie Metalor bestimmt war. Nun hegen die zuständigen peruanischen Behörden gegen die Goldexport-Firma Minerales del Sur Verdacht wegen Geldwäscherei und illegalem Goldabbau. Dies zeigen Dokumente, die der Gesellschaft für bedrohte Völker vorliegen.
Nach der Sicherstellung von fast 100 Kilogramm Gold, das hätte an die Schweizer Raffinerie Metalor geliefert werden sollen, leiteten die zuständigen peruanischen Behörden eine Voruntersuchung ein. Im Dezember 2018 entschied ein peruanisches Gericht, dass das sichergestellte Gold definitiv beschlagnahmt werde. Und am 25. Februar 2019 lehnte ein Obergericht den Rekurs von Minerales del Sur gegen die Beschlagnahmung ab. Der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) liegen entsprechende Dokumente der Gerichte sowie der zuständigen peruanischen Staatsanwaltschaft vor. Darin hegen die Behörden gegen Minerales del Sur schwere Verdacht wegen mutmasslicher Geldwäscherei und mutmasslich illegalem Goldabbau. Die zuständige peruanische Staatsanwaltschaft nennt unter anderem folgende Indizien – derzeit gilt für alle Verfahrensinvolvierte die Unschuldsvermutung:
- Die peruanische Staatsanwaltschaft führt 16 «Hochrisiko-Lieferanten» von Minerales del Sur an, für die Periode von Januar bis März 2018. Ein Beispiel: Eine Goldlieferantin lieferte drei Kilo des beschlagnahmten Goldes und gab als Herkunft ihre Konzession an. Ein Besuch der Behörden ergab aber, dass auf dieser Konzession kein Gold abgebaut wurde. Gemäss peruanischer Staatsanwaltschaft besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass dieses Gold und jenes der anderen «Hochrisiko-Lieferanten» illegaler Herkunft sei.
- Gemäss peruanischer Staatsanwaltschaft hatte Minerales del Sur zuweilen gleichzeitig 900 Zulieferer.
- Gemäss peruanischer Staatsanwaltschaft meldete sogar die staatliche Firma Activos Mineros, welche die Lizenz an Minerales del Sur vergibt und auf die sich die Schweizer Raffinerie Metalor immer stützte, den Zollbehörden Unregelmässigkeiten bei Minerales del Sur.
- Gemäss der peruanischer Staatsanwaltschaft hat Minerales del Sur im quecksilbervergifteten La Rinconada und Ananea Aufkaufstellen, aber auch in der sehr umstrittenen Zone Madre de Dios.
Minerales del Sur war bis zur Sicherstellung der drittgrösste Goldexporteur in Peru. Gemäss der zuständigen peruanischen Staatsanwaltschaft war die Schweizer Raffinerie Metalor zwischen den Jahren 2001 und 2018 der einzige Abnehmer des Goldes von Minerales del Sur und bezog in dieser Zeit über 100 Tonnen Gold im Wert von rund 3,5 Milliarden Dollar.
Die Sendung Rundschau hat die Situation rund um Minerales del Sur recherchiert. In der Sendung vom Mittwoch, 13. März legt auch die Schweizer Raffinerie Metalor ihre Sicht der Dinge dar. Gemäss Rundschau bestätigt Metalor, Gold aus der umstrittenen Mine „La Rinconada“ in Peru bezogen zu haben. In der Sendung wird Metalor wie folgt zitiert: «Metalor hat ausschliesslich Gold von registrierten und legal schürfenden Minen bezogen.» Metalor beziehe gemäss eigenen Angaben kein Gold mehr von Goldhandelsgesellschaften in Peru seit der Beschlagnahmung, so die Rundschau. Gemäss der Sendung erklärte Metalor, dass sie die Geschäftsbeziehungen früher gestoppt hätten, wenn es Anzeichen für Unstimmigkeiten gegeben hätte. „Wir sind sicher, dass Minersur keine kriminelle Organisation ist. Und wir sind überzeugt, dass die Firma kein illegales Gold gewaschen hat», wird Metalor in der Rundschau zitiert.
Auch die Firma Minerales del Sur (Minersur) nimmt in der Rundschau Stellung. So stellte eine Anwältin des Unternehmens die Untersuchungen der peruanischen Behörden infrage. Quintano Méndez von Minerales del Sur erklärte gegenüber der Rundschau: „Wir sind schon seit zwanzig Jahren im Geschäft und haben die Gesetze immer eingehalten.“
Sendung Rundschau, vom Mittwoch, 13. März
Artikel auf www.srf.ch vom Mittwoch, 13. März
Rohstoffe, Umwelt und Menschenrechte
Die Schweiz ist ein rohstoffarmes Land. Trotzdem werden hier rund 70 Prozent des weltweit gehandelten Goldes verarbeitet. Vier der weltweit grössten Raffinerien sind in der Schweiz ansässig und haben in der Schmuck- und Uhrenindustrie sowie den Banken wichtige Goldabnehmer. Die Schweiz trägt dementsprechend eine Verantwortung im Kampf gegen Gold, das in Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung steht.
Die GfbV beobachtet seit mehreren Jahren die verschiedenen Auswirkungen des globalen Rohstoffabbaus und macht auf damit verbundene Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung aufmerksam. Mit der Kampagne „No Dirty Gold!“ setzt sie sich dafür ein, dass das (schweizerische) Goldgeschäft sauber wird. Die GfbV versteht unter sauberem Gold jenes Gold, das ohne Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung legal abgebaut und gehandelt wurde. Die betroffene Lokalbevölkerung wird einbezogen und gibt ihr Einverständnis zum Goldabbau, externe Prüfkommissionen kontrollieren alle Firmen entlang der Lieferketten auf diese Aspekte. Firmen, die sich nicht an diese Anforderungen halten, werden bestraft.
Ein Fokus der Kampagne liegt auf Peru. Vor allem in den Regionen Puno und Madre de Dios führt Goldabbau häufig zu gravierenden Menschenrechtsverletzungen und zerstört den Regenwald und somit den Lebensraum der lokalen meist indigenen Bevölkerung. Zudem analysierte die GfbV die Menschenrechtslage rund um den Goldabbau der Firma Minera Yanacocha S.R.L. im nördlichen Cajamarca, wo die Rechte der Lokalbevölkerung verletzt wurden.
Ein weiterer Schwerpunkt der aktuellen Kampagne sind die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Ungenügende Kontrollen machen die VAE zu einer wichtigen Destination für Konfliktgold oder geschmuggeltes Gold, unter anderem aus dem Sudan, der Demokratischen Republik Kongo und Liberia. Über die VAE wird dieses risikobehaftete Gold in die ganze Welt weitergehandelt – auch in die Schweiz.
In einem im März 2018 veröffentlichten Bericht kommt die GfbV zum Schluss, dass die Schweiz risikobehaftetes Gold aus Peru und den Vereinigten Arabischen Emiraten importiert hat und sehr wahrscheinlich nach wie vor importiert. Der Bericht wurde mit der Unterstützung von Greenpeace Schweiz recherchiert.
Wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, reichen freiwillige Initiativen und Richtlinien der Industrie nicht aus, um das Geschäft mit schmutzigem Gold zu verhindern. Im Zuge dieses erwähnten Berichts wirft die GfbV deshalb einigen Schweizer Goldraffinerien und -händlern ungenügende Sorgfaltsprüfung vor. Sowohl von der Schweizer Politik als auch von der Branche fordern wir mehr Transparenz im Goldhandel und eine rechtlich verankerte Sorgfaltspflicht. Firmen, die Menschenrechte verletzen oder Umwelt zerstören, sollen dafür haften und mit Bestrafung rechnen müssen. Die Schweizer Konzernverantwortungsinitiative in Anlehnung an die UNO-Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechten (UNGP) ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Region Madre de Dios (Peru)

Bereits im Jahr 2015 hat die GfbV offengelegt, dass Gold aus informellem und illegalem Kleinbergbau in Peru in die Schweiz gelangte. Die neusten Erkenntnisse des im März 2018 durch die GfbV publizierten Berichts legten nahe, dass die in Neuchâtel sesshafte Raffinerie Metalor nach wie vor Gold aus Peru bezog, das in Zusammenhang mit Menschenrechtsverstössen und Umweltzerstörung stand. Metalor selbst sah erst im Juli 2018 Anlass für eine Änderung ihrer Geschäftspraxis.
Zum Statement von Metalor (März 2018)
Peru ist der grösste Goldproduzent Südamerikas und steht weltweit an sechster Stelle. Während im Norden vor allem industriell abgebaut wird, floriert in der südöstlichen Amazonas-Region der Kleinbergbau. Dabei werden grosse Mengen an Quecksilber und anderen Giftstoffen freigesetzt sowie Regenwald und Ökosysteme geschädigt oder gar zerstört. Die vom Goldrausch betroffenen Regionen entwickelten sich zu einem gesetzlosen Eldorado mit grossen sozialen Problemen, Gewalt, Kriminalität und Elend.
Die zwei Regionen Puno und Madre de Dios sind Hotspots dieses menschenrechtsverletzenden und umweltzerstörenden Goldabbaus. Im Jahr 2011 veröffentlichte das peruanische Umweltministerium eine Studie zu den Folgen der Goldwäscherei in Madre de Dios. Es kam zum Schluss, dass praktisch die gesamte Goldproduktion der Region illegal sei. Der Goldrausch zieht neben verarmten Goldwäschern auf der Suche nach einer Existenzsicherung auch skrupellose Firmen an, die mit teils grosser krimineller Energie den Handel mit illegalem Gold aufnehmen. Wie die GfbV im Jahr 2015 darlegte, wird unter solchen Bedingungen gefördertes und gehandeltes Gold an Abnehmer in der ganzen Welt geliefert.
Verbindung zur Schweiz
In diesem Bericht im Jahr 2015 hat die GfbV offengelegt, dass Gold aus informellem und illegalem Kleinbergbau in Peru unter anderem in die Schweiz gelangte. So beschlagnahmte die peruanische Zollbehörde im Januar 2014 in Peru unter anderem Gold, das für die Schweizer Raffinerie Metalor bestimmt war.
Die neusten Erkenntnisse des im März 2018 von der GfbV publizierten Berichts legen nahe, dass die in Neuchâtel sesshafte Raffinerie Metalor mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit nach wie vor Gold aus Peru bezog, das in Zusammenhang mit illegalem Abbau und Handel, Steuerhinterziehung und Umweltzerstörung stand. Lieferantin dieses Goldes war die Exportfirma Minerales del Sur, die ausschliesslich an die Schweizer Raffinerie lieferte und die Hauptlieferantin von Gold aus Peru war.
Wenige Tage nach der Publikation des Berichts stellte die peruanische Zoll- und Steuerbehörde gemäss den peruanischen Medien La República und Ojo Público gegen 100 kg Gold sicher, welches mutmasslich aus verdächtiger Herkunft stammte. Es war die grösste Sicherstellung, seit die Behörden seit Ende 2013 verstärkt gegen illegales Goldschürfen vorgehen.
Auch nach der Sicherstellung des Goldes aus Peru liess Metalor zunächst verlauten, dass sich ihre Einkaufspolitik in Peru nicht ändere. Ende Juli 2018 schrieben sie auf ihrer Homepage: «In light of the overall situation and till further notice, Metalor has decided on a precautionary basis since March 2018 to put on hold any business relationship with collectors/aggregators in Peru.»
Weitere Informationen zum beschlagnahmten Gold: ganz am Anfang dieser Kampagnenseite unter «Verdacht der peruanischen Staatsanwaltschaft».
Bereits um die Jahrtausendwende hatten die Oberaufsicht für Zoll und Steuern (SUNAT) und die peruanische Staatsanwaltschaft gegen Minerales del Sur und deren Haupteigentümer Francisco Quispe Mamani wegen Steuerhinterziehung und Handel mit illegalem Gold ermittelt. Wie die GfbV nun aufdeckt, wechselte Francisco Quispe Mamani kurz nach den oben erwähnten Ermittlungen seine beiden Nachnamen von „Quispe Mamani“ zu „Quintano Méndez“. Die Recherchen ergaben zudem, dass Francisco Quintano Méndez heute vier Konzessionen in Huepetuhe besitzt, einem Hotspot des illegalen Goldabbaus in Madre de Dios. Drei dieser Konzessionen genügen den nationalen Umweltschutzanforderungen nicht, eine davon überschneidet sich mit der Pufferzone eines indigenen Schutzgebietes.
Die Exportfirma Minerales del Sur ist offiziell nur berechtigt, Gold in Puno auf- und weiter zu verkaufen. Die Recherchen zeigen jedoch, dass die Firma neben Filialen in Puno auch eine in Madre de Dios besitzt und seit 2014 pro Jahr mehr Gold in die Schweiz exportierte, als in der Provinz Puno offiziell abgebaut wird. Die Schlussfolgerung liegt nahe, dass es sich bei der Differenz um jenes Gold handeln könnte, das Minerales del Sur in Madre de Dios aufkauft oder abbaut.
Aus Sicht von Metalor kam die Differenz hingegen dadurch zustande, dass informelle Mineure im Formalisierungsprozess nicht gezwungen sind, ihr Gold zu deklarieren.
Indigene Gemeinden und Goldabbau in Madre de Dios
Seit 2015 besucht die GfbV die Region Madre de Dios, wo zahlreiche indigene Völker leben. Bei ihren Besuchen der betroffenen Gemeinden stellte die GfbV fest, dass die Menschenrechtssituation vor Ort desolat ist: es fehlt an sauberem Wasser, Gesundheitseinrichtungen, Nahrungsmitteln.
Der sich ausdehnende Goldabbau in der Region führt zu weiteren Menschenrechtsverletzungen: Einerseits sind indigene Gemeinschaften konfrontiert mit Überfällen, Landraub, unklaren Nutzungsverhältnissen und gesundheitlichen Problemen infolge der vom Goldabbau stark verschmutzten Flüsse. Zudem entstehen massive Konflikte innerhalb der Gemeinschaften – zwischen Personen, die als Goldschürfende ihre Existenz zu sichern versuchen und solchen, die sich gegen die fortschreitende Umweltzerstörung einsetzen, welche ebendiese Tätigkeiten verursachen.
Region Cajamarca (Peru)
Seit 2012 befasst sich die GfbV mit der Menschenrechtslage in der nördlichen peruanischen Provinz Cajamarca, wo die Firma Minera Yanacocha S.R.L. die grösste Goldmine Südamerikas betreibt. 2016 publizierte die GfbV einen Menschenrechtsbericht über Yanacocha.
Vereinigte Arabische Emirate

Der Bericht der GfbV vom März 2018 legt seinen zweiten Fokus auf die zunehmenden Goldimporte aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) in die Schweiz. Dieses Land baut selber kein Gold ab, vertreibt aber etwa 20 bis 25 Prozent des weltweit gehandelten Goldes.
Zum Statement von PAMP (März 2018)
Die GfbV hat Goldimporte aus den Produzentenländern Sudan, Demokratische Republik Kongo (DRK) und Liberia untersucht und dabei herausgefunden, dass einige Firmen in Dubai Umschlagplätze für Schmuggel- und Konfliktgold waren und mit grösster Wahrscheinlichkeit immer noch sind.
Der bewaffnete Konflikt im Sudan hat seit 2003 Hunderttausende von Opfern gefordert. Weitere Hunderttausende Menschen wurden vertrieben. Gold nährt diesen Konflikt: Der Grossteil dieser Goldminen wird von bewaffneten Gruppen kontrolliert, die damit jährlich schätzungsweise 54 Millionen Dollar verdienen. Der Bericht legt offen, dass Kaloti, die grösste Goldraffinerie in Dubai, im Jahr 2012 allein über 50 Tonnen aus dem Sudan importierte. Das sind etwa 4 Tonnen mehr, als 2012 offiziell im Sudan abgebaut wurden. Gemäss der Uno-Datenbank Comtrade importierten die VAE auch 2015 94 Prozent des aus dem Sudan exportierten Goldes, und Goldschmuggel aus dem Sudan besteht laut der Uno auch im Jahr 2017.
Auch aus Liberia, einem der ärmsten Länder Afrikas, bezog Kaloti beispielsweise 2012 hunderte von Kilos mehr als laut offiziellen Angaben in dem Land produziert wurden. Es ist anzunehmen, dass diese Differenz signifikant zu Liberias Wirtschaft beigetragen und der Regierung dringend nötige Einkünfte eingebracht hätte.
Zudem liegen der GfbV Informationen vor, die belegen, dass in den Jahren 2012 bis 2014 Gold aus der kongolesischen Bürgerkriegsregion an dubaiische Goldhändler importiert wurde. Nach wie vor geht die UNO davon aus, dass Konfliktgold aus der Demokratischen Republik Kongo nach Dubai gelangt.
Verbindung zur Schweiz
Die ungenügenden Kontrollen machen die Vereinigten Arabischen Emirate zu einer wichtigen Destination für Konfliktgold oder geschmuggeltes Gold, von wo aus dieses in die ganze Welt weitergehandelt wird – auch in die Schweiz. Die Schweiz ist eine der bedeutendsten Abnehmerinnen von Gold aus den VAE. Mit über 370 Tonnen war die Importmenge noch nie so hoch wie im Jahr 2016: Von keinem Land bezog die Schweiz gemäss der Schweizer Aussenhandelsstatistik in jenem Jahr mehr Gold. Während Raffinerien und Banken auf eine Anfrage unterschiedliche Antworten gaben, hat Kaloti angedeutet, dass sie Goldhandelsbeziehungen mit Partnern unterhält, die in der Schweiz ansässig sind. Wie können Schweizer Abnehmer dabei sicherstellen, von wo das Gold tatsächlich kommt und unter welchen Umständen es abgebaut wurde?
Rolle der Schweiz
Die Schweiz spielt sowohl im Handel als auch in der Verarbeitung von Gold eine zentrale Rolle. Hierzulande werden etwa 70 Prozent des weltweit gehandelten Goldes raffiniert. Die GfbV sucht das Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Wirtschaft und Politik.
Die Schweiz ist eine der bedeutendsten Abnehmerinnen von Gold aus Peru und den Vereinigten Arabischen Emiraten: Gleich vier Schweizer Raffinerien, Metalor Group SA in Neuenburg, Valcambi SA in Balerna, PAMP SA in Castel San Pietro und Argor Heraeus SA in Mendrisio, gehören zu den grössten Raffinerien der Welt. Seit vielen Jahren werden rund 70% des weltweit gehandelten Goldes in der Schweiz raffiniert.
Die Risiken, dass Gold in der Schweiz raffiniert wird, das unter menschenrechtsverletzenden und umweltzerstörerischen Umständen abgebaut wurde, sind hoch. Die GfbV setzt sich dafür ein, dass die mutmasslich begangenen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem weltweiten Goldabbau aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Laut Uno-Leitlinien müssten die Schweizer Raffinerien garantieren, dass das Gold aus einer sozial und ökologisch verträglichen Produktion stammt. Dazu gehört aus der Sicht der GfbV, dass Rohstoff- und Infrastrukturprojekte zur Goldgewinnung nur im Einverständnis mit der Lokalbevölkerung realisiert werden.
Um diese Ziele zu erreichen, sollen Schweizer Firmen entweder gänzlich auf Gold verzichten, dessen Herkunft nicht eindeutig bestimmt werden kann, oder aber vertiefte Sorgfaltsprüfungen durchführen. Geschäftsbeziehungen, die bei diesen Kontrollen als problematisch erachtet werden, müssen eingestellt werden. Die GfbV nimmt auch die Schweizer Regierung und Politik in die Pflicht. Denn die aktuelle Situation zeigt: Freiwillige Mechanismen reichen nicht aus, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung zu verhindern. Sorgfaltsprüfungen müssen rechtlich verbindlich, der Schweizer Goldhandel muss transparent werden. Deshalb ist die Schweizer Konzerverantwortungsinitiative (KOVI) nötig, die Sanktionen bei Nichteinhaltung und einen international anwendbaren Haftungsmechanismus verlangt und sich an bereits existierende internationale Standards anlehnt.
Banken sowie Schmuck- und Uhrenindustrie
Nicht nur bei der Raffinierung von Gold spielt die Schweiz eine zentrale Rolle. Die Uhrenindustrie, in der viele Schweizer Unternehmen signifikant vertreten sind, gehört zu den wichtigsten Abnehmerinnen des Goldes. Weltweit benötigt die Schmuck- und Uhrenbranche mehr als die Hälfte des jährlich raffinierten Goldes. Auch die Schweizer Grossbanken mischen im globalen Goldhandel tüchtig mit. Das Geschäft mit Gold ist in der Schweiz noch immer ein wohl gehütetes Geheimnis. Kaum jemand kennt die genauen Wege, die der kostbare Rohstoff in der Schweiz zwischen den Raffinerien, der Schmuck- und Uhrenindustrie und den Banken durchläuft.
OECD-Leitsätze bezüglich Sorgfaltspflicht
Die OECD hat Leitsätze für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten ausgearbeitet und dabei spezifische Ergänzungen zu Gold verfasst. Die Leitsätze schreiben den Raffinerien dabei eine gründliche Sorgfaltsprüfung in fünf Schritten vor, in der insbesondere auch die Herkunft des Goldes zu bestimmen ist: «Die Bewertung der Risiken entlang der Lieferkette beginnt bei der Goldherkunft». Raffinerien werden zudem verpflichtet, sorgfältige Audits durch Wirtschaftsprüfer und Revisoren (third party audits) zu durchlaufen, um gegenüber der Öffentlichkeit Rechenschaft über die Sorgfaltsprüfungsprozesse der Raffinerie sowie deren Einhalten relevanter Standards abzulegen.
Forderungen
Die GfbV hat aufgrund der Erkenntnisse die folgende Liste mit Forderungen erstellt, die sich an die Schweizer Raffinerien, die Schweizer Regierung und Politik, an Regulierungsinstanzen sowie an die OECD richten.
Forderungen an die Goldraffinerien und –händler
- Sorgfaltsprüfung: Genauste Sorgfaltsprüfung sämtlicher Kunden/Lieferanten gemäss den OECD Leitsätzen für die Erfüllung der Sorgfaltspflicht zur Förderung verantwortungsvoller Lieferketten für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten, kombiniert mit Third Party Audits durch unabhängige, verlässliche und spezialisierte Revisionsfirmen.
- Transparenz: Jährliche Veröffentlichung der Resultate des Risikomanagements, der Namen der Produzenten und der Herkunft des Goldes.
- Geschäftsbeziehungen: Sofortige Einstellung der Geschäftsbeziehungen, die bei der Sorgfaltsprüfung als problematisch erachtet wurden oder eine Weiterführung an klare Bedingungen knüpfen, die zur Lösung der Probleme führen.
Forderungen an Schweizer Regierung und Politik
- Erhöhte Transparenz: Aufschlüsselung der jährlichen Schweizer Aussenhandelsstatistik nach dem Ursprungsland (und nicht nur nach dem Herkunftsland) des Goldes. Offenlegung sowohl der Lieferanten als auch der Empfängerfirmen mit entsprechenden Brutto/Netto-Mengenangaben.
- Nationale Aufsicht: Einrichtung einer nationalen Zentralstelle zur Überwachung der Goldhandelsströme und zur Lizenzierung von Schweizer Goldraffinerien und –händler, die eine transparente, systematische und vertiefte Sorgfaltsprüfung vorweisen können und die OECD-Leitsätze einhalten.
- Rechtliche Verbindlichkeit: Einführung einer gesetzlich verankerten Sorgfaltspflicht mit entsprechendem Sanktionskatalog bei Nichteinhaltung, wie sie die Konzernverantwortungsinitiative verlangt (s. unten).
Forderungen an die Schweizerische Vereinigung Edelmetallfabrikanten und Händler (ASFCMP)
- Bekenntnis und öffentliche Stellungnahme: Bekenntnis zu den OECD-Leitsätzen und öffentliche Stellungnahme zur Entwicklung der einzelnen Verbandsmitglieder hinsichtlich der Leitsätze.
Konzernverantwortungsinitiative
Wenn Menschenrechte und Umwelt durch wirtschaftliche Aktivitäten im Ausland gefährdet sind, stehen auch Konzerne mit Sitz in der Schweiz in der Pflicht. Darum unterstützt die GfbV als Trägerorganisation die Konzernverantwortungsinitiative (KOVI). Sie soll dafür sorgen, dass Schweizer Unternehmen den Schutz der Menschenrechte und der Umwelt verbindlich in ihre Geschäftspraktiken integrieren.Trägt ein Unternehmen zu Menschenrechtsverletzungen oder massive Umweltschädigung bei, soll es für die Schäden haften.
Die KOVI verlangt, dass Schweizer Konzerne für ihre Geschäftsbeziehungen eine Sorgfaltsprüfung bezüglich Menschenrechten und Umweltschutz einführen. Das heisst: Schweizer Konzerne müssten künftig ihre Aktivitäten und jene ihrer Tochter- und Zulieferunternehmen auf Risiken für Mensch und Umwelt prüfen, diese mit geeigneten Massnahmen reduzieren und öffentlich darüber berichten. Kommt ein Konzern seiner Sorgfaltsprüfungspflicht nicht nach, soll er auch für allfällige Schäden haften, die er oder seine Tochterfirmen im Ausland verursacht haben.
Insbesondere indigene Völker leiden unter Menschenrechtsverletzungen durch multinationale Konzerne. Ihr Mitbestimmungsrecht ist im «Free, Prior and Informed Consent (FPIC)» zwar völkerrechtlich verankert, die Realität sieht jedoch anders aus. Indigene haben das Recht «Ja» zu sagen, das Recht «Nein» zu sagen und das Recht zu sagen, wie ein Projekt durchgeführt werden soll. Die Verweigerung dieses Rechts ist oft die Ursache blutiger Konflikte. Die Initiative ist ein wichtiger Schritt zur Lösung solcher Konflikte!
Berichte und Medienmitteilungen
Ende März 2018 hat die GfbV den Goldbericht „Drehscheibe Schweiz für risikobehaftetes Gold? Fallstudien aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, dem Sudan, der Demokratischen Republik Kongo, Liberia und Peru“ veröffentlicht. Der Bericht wurde mit der Unterstützung von Greenpeace Schweiz recherchiert.