15. November 2023

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Bundesgericht verpasst einzigartige Chance, endlich Transparenz im Goldhandel zu schaffen

Bild Crowdfunding Bundesgericht Fotos: Thomaz Pedro / Greenpeace

Mit grosser Enttäuschung nimmt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) den Entscheid des Bundesgerichts vom 15. November zur Kenntnis, dem Bundesverwaltungsgericht und damit den vier grossen Goldraffinerien zu folgen: Es lehnt es den Antrag der GfbV zur Offenlegung der Goldlieferanten der Goldraffinerien ab und schützt damit das Geschäftsgeheimnis in absurder Weise. Die Transparenz vom Produzenten bis zum Konsumenten wäre essentiell, um schmutzigen Geschäften einen Riegel zu schieben.

 «Mit grosser Enttäuschung nehmen wir zur Kenntnis, dass sich Bundesgericht gegen Transparenz im Goldhandel entschieden hat», sagt Christoph Wiedmer, Co-Geschäftsleiter der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). «Transparenz im Goldhandel wäre jedoch das A und O für ein sauberes und faires Goldgeschäft», so Wiedmer.  Mit seinem Entscheid stützt das Bundesgericht das Hauptargument der Raffinerien, dass die Handelsbeziehungen dem Steuergeheimnis unterstehen.

Nach dem Gerichtsurteil vom 15. November 2023: Christoph Wiedmer, Co-Geschäftsleiter ordnet ein: Was bedeutet es, dass der Goldhandelsplatz weiterhin untransparent bleibt?

Ein jahrelanges Verfahren

Seit bald einem Jahrzehnt schon versucht die GfbV, im Schweizer Goldhandel mehr Transparenz zu schaffen. Aufgrund der völligen Verschwiegenheit der Branche leitete die GfbV 2018 einen behördlichen Prozess ein, um die Goldlieferanten der grössten Schweizer Raffinerien bei der Zollbehörde einsehen zu können. Hintergrund dieser Anfrage war der im April 2018 erschienene Bericht der GfbV «Drehscheibe Schweiz für risikobehaftetes Gold?». Dieser legte dar, wie risikobehaftetes Gold den Weg in die Schweiz fand.

Das juristische Hin und Her dauerte mehrere Jahre: Die Zollbehörde wies zuerst das Gesuch der GfbV zurück. Daraufhin forderte die GfbV beim Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) ein Schlichtungsverfahren. Das EDÖB empfahl, dem Ersuchen der GfbV stattzugeben. Daraufhin verfügte die Zollverwaltung die Offenlegung der Daten. Dagegen rekurrierten die Goldraffinerien wiederum beim Bundesverwaltungsgericht. Im März 2022 entschied das Bundesverwaltungsgericht, dass Goldraffinerien die Herkunft des in die Schweiz importierten Goldes und ihre Lieferanten als Steuergeheimnis einstufen dürfen und daher die Einsichtnahme abzulehnen sei. Mit dem Entscheid wurden der GfbV Verfahrenskosten von CHF 1000.- und der Zollverwaltung CHF 8’000.- als Entschädigung der Raffinerien auferlegt.

Gegen diesen Entscheid reichte die GfbV beim Bundesgericht eine Beschwerde ein – und hat das Verfahren nun verloren. Ein Erfolg hätte die Praxis der Goldbranche in der Schweiz grundlegend verändert: Die zahlreichen Skandale in den letzten Jahren machen deutlich, dass die bestehenden Kontrollmassnahmen völlig ungenügend sind. Zuletzt zeigte sich dies im September 2023, als Medienberichte behördliche Kritik an den Geschäften der Tessiner Goldraffinerie Valcambi SA öffentlich machten. Und der Entscheid hätte international Signalwirkung gehabt: Rund 70 Prozent des weltweiten Goldes werden in der Schweiz gehandelt oder verarbeitet. Entsprechend ist „detaillierte Transparenz im Goldimport von grosser Wichtigkeit, zumal die Schweiz im Raffineriewesen eine Weltmacht ist und die Aufsicht über die Branche ganz unzureichend ist,“ so der Strafrechts- und Antikorruptionsexperte Mark Pieth.

Parlament und gesetzliche Massnahmen gefordert

Die Transparenz von Produzent:innen bis zu Konsument:innen ist essentiell, um schmutzigen Geschäften einen Riegel zu schieben – nicht nur im Goldgeschäft. «Bei der Transparenzfrage im Rohstoffhandel braucht es darum dringend einen Paradigmenwechsel im Sinne des Öffentlichkeitsprinzips», sagt Christoph Wiedmer von der GfbV.

Die GfbV fordert von der Politik nun erst recht ein umfassendes Konzernverantwortungsgesetz, wie sie die EU zur Zeit erarbeitet. Zudem braucht es eine Aufsichtsbehörde mit weitreichenden Kompetenzen und genügend Ressourcen, welche die Firmen überprüft. Weiter muss sich das Parlament für eine Transparenz in der Wirtschaft einsetzen, die darauf basiert, dass das wirtschaftliche Wirken im Prinzip öffentlich ist und nur bestens begründete Ausnahmen möglich sind Handelsbeziehungen gehören sicher nicht dazu. Von den Raffinerien fordert die GfbV, dass sie die Sorgfaltsprüfung gewissenhaft durchführen und in Eigenverantwortung ihre Lieferanten offenlegen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewinnen.

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