27. Juni 2022

Medienmitteilung

Wegweisendes Statement von Schweizer Goldraffinerien – es bleiben noch offene Punkte

Ein Statement der Schweizer Goldraffinerien und der Schweizerischen Vereinigung der Edelmetallfabrikanten (ASFCMP) ist das Ergebnis eines Treffens, welches die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) im Mai zwischen einer Delegation aus dem Amazonas und der Branche vermittelte. Das Statement ist ein Novum: Die Raffinerien verurteilen darin illegalen Bergbau sowie den verantwortungslosen Einsatz von Quecksilber und unterstreichen das Recht indigener Gemeinschaften auf Mitentscheidung. Weiter fordern sie die brasilianische Regierung auf, die Umwelt sowie  indigene und traditionell lebende Gemeinschaften zu schützen. Schliesslich teilen die Raffinerien die Sorgen der Indigenen bezüglich des geplanten brasilianische Gesetzes PL191 und wollen verhindern, dass schmutziges Gold in die Schweiz gelangt. Die GfbV und ihre Partnerorganisationen begrüssen diese symbolträchtige Absichtserklärung. Entscheidend bleibt aber deren Umsetzung, und im zentralen Punkt der Transparenz in der Lieferkette besteht weiterhin keine Einigkeit.

Das Treffen zwischen einer Delegation traditioneller sowie indigener Gemeinschaften aus dem brasilianischen Amazonas und  führenden Schweizer Goldraffinerien im Mai war eine wichtige, konstruktive Zusammenkunft für beide Seiten. «Das gemeinsame Statement ist für den Schweizer Rohstoffsektor ein Novum», sagt Christoph Wiedmer, Co-Geschäftsleiter der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Dass die Raffinerien klar Stellung für die Rechte von indigenen und traditionellen Gemeinschaften (Fischer:innen, Quilombolas, Kleinbäuer:innen) und für Umweltschutz beziehen, ist ein wichtiges Signal. So verurteilen sie illegale Bergbauaktivitäten und fordern, dass der verantwortungslose umweltschädigende Einsatz des giftigen Quecksilbers zur Goldgewinnung unterbunden werden muss. Die brasilianische Regierung fordern sie auf, die Umwelt sowie indigene Gemeinschaften zu schützen und gegen illegale Goldgräber vorzugehen. Die Raffinerien halten fest, dass jede indigene und traditionelle Gemeinschaft gemäss dem Konzept FPIC (free, prior and informed consultation and consent) ihr Einverständnis geben muss , wenn ihr Land von Rohstoff- oder Infrastrukturprojekten betroffen ist. Dabei wird dieses Recht explizit auch für traditionelle Gemeinschaften gefordert – ihre Stimme wird in der Debatte um Schutzgebiete oft überhört. Ausserdem teilen die Raffinerien die grundsätzlichen Sorgen der Indigenen in Bezug auf die Folgen des brasilianischen Gesetzesentwurfs PL 191, der Rohstoffabbau und andere kommerzielle Aktivitäten auf indigenem Land legalisieren würde. Die Raffinerien verpflichten sich, kein Gold aus indigenen Territorien im Amazonas zu importieren und sich dafür einzusetzen, dass kein illegales Gold in die Schweiz gelangt.

Wichtiges Signal, Uneinigkeit über Transparenz

Die GfbV, ihre Partnerorganisationen und Betroffene vor Ort begrüssen diese Absichten der Schweizer Raffinerien. Das konstruktive Gespräch wie auch das daraus resultierende Statement sind wegweisend für eine Branche, die in der Vergangenheit immer wieder wegen Verwicklungen in risikobehaftetem Gold kritisiert wurde. Deshalb fordert die GfbV Transparenz in der Lieferkette ein, damit überprüft werden kann, ob die Versprechungen der Raffinerien eingehalten werden. Die GfbV wird daher auch in Zukunft bei Goldimporten genau hinschauen. «Vor diesem Hintergrund ist auch das laufende Bundesgerichtsverfahren zu verstehen, in welchem die GfbV fordert, dass die Goldimporte öffentlich einsehbar sind», sagt Co-Geschäftsleiter Christoph Wiedmer.

An den Treffen in Bern nahm eine Delegation aus Brasilien teil, darunter Vertreter:innen der Indigenen Dachorganisation APIB (Artikulierung der Indigenen Völker von Brasilien), der Frauenorganisation der indigenen Mundurukú, Amazon Watch, brasilianische und europäische Wissenschafter:innen sowie Aktivist:innen, die sich gegen den Goldabbau in ihrer Heimatregion am Xingu- und Tapajós-Fluss engagieren. Die Mundurukú und die Gemeinschaften vom Xingu-Fluss sind jüngst wiederholt von illegalen Goldschürfern angefeindet und lebensbedrohlich angegriffen worden.

Der Gesetzesvorschlag PL 191 – neue Dimension der Bedrohung

Seit dem Amtsantritt des Präsidenten Jair Bolsonaro hat sich die Situation der Indigenen massiv verschärft. So sieht etwa der Gesetzesvorschlag PL 191 vor, dass indigenes Land seinen durch die Verfassung garantierten Schutzstatus verliert und für den Rohstoffabbau – eben auch das Goldschürfen - geöffnet wird. «Die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs 191 würde die Verletzungen der Rechte indigener Völker, mit denen wir heute konfrontiert sind, rechtlich verankern», sagte Luiz Eloy Terena, Rechtsberater APIB. Mit dem neuen Gesetz PL 191 würde ein Gebiet zwanzig Mal so gross wie die Schweiz akut bedroht. In 97 Prozent der Territorien indigener Gemeinschaften sind bereits Anträge auf Rohstoffabbau gestellt worden. Fast der gesamte Fortschritt zum Schutz der Indigenen seit der neuen Verfassung Brasiliens aus dem Jahre 1988 würde damit zunichte gemacht.

Eine gemeinsame Medienmitteilung von:
Artikulierung der Indigenen Völker von Brasilien (APIB), Verein der Frauen der Munduruku Wakoborun der Region des Tapajós, Bewegung Xingu Vivo para Sempre, Vereinigung der Beschützer des Volta Grande des Xingu, Amazon Watch, Centre for the Political Economy of Labour, Gesellschaft für bedrohte Völker

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