14. März 2022
Medienmitteilung
Stopp dem Krieg: Russische Indigene melden sich aus dem Exil
Während der Krieg in der Ukraine immer mehr Menschenleben fordert, verschlechtert sich auch in Russland selbst die Menschenrechtslage zusehends. Nun melden sich russische Indigene aus dem Exil mit einer öffentlichen Stellungnahme zu Wort. Die GfbV verurteilt gemeinsam mit ihnen den Krieg Putins gegen die Ukraine aufs Schärfste und fordert die Einhaltung der Menschenrechte im Ausland wie im Inland.
«Wir, die Vertreter der indigenen Völker des Nordens, Sibiriens und des Fernen Ostens, die sich unfreiwillig ausserhalb Russlands befinden, sind entsetzt über den Krieg, den Präsident Putin gegen die Ukraine entfesselt hat»: So lautet der Beginn eines öffentlichen Statements, das russische Indigene im Exil veröffentlicht haben. «Wir, als Vertreter:innen der indigenen Völker Russlands, bringen unsere Solidarität mit dem ukrainischen Volk in seinem Freiheitskampf zum Ausdruck und sind äusserst besorgt betreffend die Durchsetzung der Rechte der indigenen Völker in Kriegszeiten in der Ukraine, einschliesslich des von Russland widerrechtlich besetzten Gebiets der Krim.» Auch die Gesellschaft für bedrohte Völker Schweiz und Deutschland verurteilen den Krieg gegen die Ukraine aufs Schärfste, der zusehends eskaliert und immer mehr Menschenleben fordert.
Desolate Menschenrechtslage in Russland
Während sich die Lage für die ukrainische Zivilbevölkerung im Krieg zusehends verschärft, nimmt gleichzeitig der politische Druck in Russland stetig zu. Seit dem Ausbruch des Krieges werden die letzten unabhängigen Stimmen Schlag auf Schlag zum Schweigen gebracht. Bei den zahlreichen Demonstrationen seit Beginn der russischen Invasion wurden Tausende Personen festgenommen und bisher noch unabhängige russische Medien zum Schweigen gebracht, Twitter und Facebook blockiert. Ein neues Gesetz von Anfang März sieht für «unzutreffende Berichterstattung» über die russischen Streitkräfte eine Freiheitsstrafe von 15 Jahren vor: Über den Krieg darf de facto nicht mehr berichtet werden.
Die sich jetzt zuspitzende Repression nahm schon im vergangenen Jahr stetig zu. So wurde Ende Jahr mit Bezug auf das Gesetz gegen «Ausländische Agenten» die renommierte Menschenrechtsorganisation Memorial aufgelöst. Dieser Schritt ist nur ein Indikator für die massiv schrumpfenden Spielräume für Menschenrechtsaktivist:innen. «Viele sind gezwungen, das Land zu verlassen, um nicht inhaftiert oder aufgrund absurder Anschuldigungen verurteilt zu werden“, sagt Pavel Sulyandziga, Präsident der Indigenen-Organisation Batani Foundation.
RAIPON repräsentiert nicht die indigenen Völker Russlands
Die Repression betrifft auch schon länger indigene Aktivist:innen, die sich für ihre Rechte einsetzen. So war schon vor geraumer Zeit die indigene Organisation RAIPON (Russische Assoziation der indigenen Völker des Nordens, Sibiriens und des Fernen Ostens der Russischen Föderation) mit ausschliesslich staatstreuen Mitgliedern besetzt worden, während die ehemaligen Mitglieder teils ins Exil flüchteten.
In ihrer Stellungnahme grenzen sich die russischen Indigenen im Exil scharf ab von der staatlich gestützten Organisation RAIPON, die vor wenigen Tagen in einer Erklärung Präsident Putin unterstützte. Unter dem Namen «Internationales Komitee für den Schutz der Rechte der indigenen Völker Russlands» wollen die indigenen russischen Aktivist:innen im Exil darum eine neue, unabhängige Organisation gründen.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker unterstützt indigene Gemeinschaften in der russischen Arktis im Kampf um ihre Rechte und den Erhalt ihres Lebensraums. Angesichts der aktuellen Menschenrechtssituation können geplante Aktivitäten nicht durchgeführt werden. Die GfbV hält darum den Kontakt zu indigenen russischen Menschenrechtsaktivist:innen im Exil. «Es ist sehr gefährlich und sehr mutig, sich im heutigen Russland gegen den Krieg und für Menschenrechte auszusprechen», sagt Tabea Willi, Kampagnenleiterin bei der GfbV Schweiz.
«Es ist jetzt wichtiger denn je, den Menschen in Russland beizustehen, die dem Regime entgegenstehen. Wir müssen die Situation derjenigen, die sich dafür entscheiden, in Russland zu bleiben und die Situation für ihre indigenen Gemeinschaften zu verbessern, genau beobachten», ergänzt Regina Sonk von der GfbV Deutschland.