06. Mai 2022

Medienmitteilung

Gold aus Brasilien: Indigene aus dem Amazonas konfrontieren die Schweiz mit ihrer Verantwortung

Abgeholzter Wald, vergiftete Flüsse, Krankheit, Gewalt und Elend: Indigene und andere Gemeinschaften leiden massiv unter dem aktuellen Goldrausch, der im brasilianischen Amazonas stattfindet. Recherchen zur Rolle der Schweiz im Zusammenhang mit Gold aus Brasilien zeigen: Der Goldplatz Schweiz ist immer noch nicht sauber. Eine Delegation aus Brasilien stellte heute an einer Pressekonferenz gemeinsam mit der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ihre Forderungen vor.

«Die Goldschürfer zerstören den Regenwald und vergiften unsere Flüsse. Sie bringen Krankheiten und Kriminalität in unsere Dörfer»: Dies sagte die indigene Aktivistin Maria Leusa Mundurukú aus der Region Tapajós heute an einer gemeinsamen Pressekonferenz der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und einer brasilianischen Delegation. Denn indigene und andere Gemeinschaften leiden massiv unter dem aktuellen Goldrausch im brasilianischen Amazonas. Sie kämpfen für den Erhalt ihres Lebensraums. Und sie kämpfen gegen illegale, oft schwer bewaffnete Goldschürfer:innen sowie gegen industrielle Mega-Minenprojekte, die Mensch und Natur bedrohen.

5 Tonnen Amazonas-Gold in der Schweiz «verloren gegangen»

An dieser Tragödie ist auch die Schweiz beteiligt, denn hier werden bis zu 70 Prozent des weltweiten Goldes gehandelt oder verarbeitet. Gemäss brasilianischer Exportstatistik ist die Schweiz die zweitgrösste Importeurin von brasilianischem Gold. Dies trotz der Einschätzung von Expert:innen, dass nur 34 Prozent der brasilianischen Goldexporte gesicherten legalen Ursprungs sind. In den Jahren 2020/21 war die Schweiz gar die wichtigste Importeurin von besonders risikobehaftetem Gold aus dem brasilianischen Amazonas: In den beiden Jahren kamen fast fünf Tonnen Gold aus den beiden Städten Itaituba und Pedra Branca do Amapari in die Schweiz, deren Spuren sich hier jedoch verlieren. «Dieser Fall zeigt einmal mehr: Der Goldplatz Schweiz braucht dringend Transparenz über die Herkunft des eingeführten Goldes sowie gesetzlich verankerte Sorgfaltspflichten», sagte Christoph Wiedmer, GfbV-Co-Geschäftsleiter. Erst Ende März 2022 lehnte das Bundesverwaltungsgericht einen Antrag der GfbV auf Akteneinsicht bei der Eidgenössischen Zollverwaltung ab (heute: Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit), mit Verweis auf das Geschäftsgeheimnis. Die GfbV wird nun ihr Anliegen ans Bundesgericht weiterziehen.

Schweizer Investitionen in Goldmine

Auch Schweizer Investoren sind involviert in das Goldgeschäft: So investiert die Konwave AG aus Herisau seit 2013 via die kanadische Firma Belo Sun Mining in die geplante, umstrittene riesige Goldmine Volta Grande mitten im Amazonas. «Diese Mine würde unsere Existenz bedrohen», sagte Sara Rodrigues Lima, Vetreterin einer Fischergemeinschaft am Xingú-Fluss. Aus diesem Grund führt die NGO-Allianz «Alliance Volta Grande Xingú» gemeinsam mit Amazon Watch eine Europa-Tournee durch, um auf die Problematik der Mine aufmerksam zu machen. «Das zuständige Regionalgericht in Brasilien hat kürzlich bestätigt, dass die Konsultation der lokalen Gemeinschaften und die von Belo Sun durchgeführten Sozial- und Umweltverträglichkeitsprüfungen unzureichend sind, und die Umweltlizenz des Unternehmens weiterhin suspendiert», betonte Ana Carolina Alfinito von Amazon Watch.

Regierung Bolsonaro will alle Minen im Amazonas legalisieren

Das Gold ist nur ein Beispiel der Bedrohungen im Amazonas, die sich seit dem Amtsantritt des Präsidenten Jair Bolsonaro massiv verschärfen. So sieht etwa das neue Gesetz PL 191 vor, dass indigenes Land seinen durch die Verfassung geschützten Status verliert und für Minenoperationen geöffnet wird. «Die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs 191 würde die Massaker und Verletzungen der Rechte indigener Völker, mit denen wir heute konfrontiert sind, rechtlich sanktionieren», sagte Luiz Eloy Terena, Rechtsberater der Indigenen-Dachorganisation APIB (Articulação dos Povos Indígenas do Brasil). Das neue Gesetz PL 191 bedroht ein Gebiet zwanzig Mal so gross wie die Schweiz. Aktuell offene Anträge für den Bergbau betreffen zu 97 Prozent Gebiete indigener Gemeinschaften.

Forderungen an Schweizer Regierung und Politik, an die Goldbranche und an Konwave AG:

  • Einführung einer gesetzlich verankerten menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltsprüfungspflicht mit Sanktionsmechanismen
  • Einrichtung einer Aufsichtsbehörde zur Überwachung und Aufsicht über Goldraffinerien und -händler, (Sorgfaltsprüfungen)
  • Umfassende jährliche Veröffentlichung der Sorgfaltsprüfung und der Herkunft des importierten Goldes (über first Tier hinaus) durch Händler und Raffinerien
  • Öffentliche Stellungnahme von Konwave AG zum Volta Grande-Projekt von Belo Sun und zur eigenen Verantwortung
  • Einfluss von Konwave AG gegenüber Belo Sun nutzen, um die Einhaltung von FPIC («Free, Prior and Informed Consent») im Volta Grande-Projekt zu garantieren

Weitere Informationen im GfbV-Bericht "Gold aus dem Amazonas"

Erfahren Sie im GfbV-Bericht mehr über die Folgen des Goldabbaus im Amazonas und die Rolle der Schweiz. Der Bericht liefert Zahlen und Fakten zu Verbindungen zwischen dem Goldsektor Schweiz und Brasilien und beinhaltet die ausführlichen Forderungen der GfbV.

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