21. September 2016

Medienmitteilung

Rassismus gegen Roma: Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) reicht gemeinsam mit Schweizer Roma-Organisationen Strafanzeige gegen Berner GLP-Grossrat ein

Der Berner GLP-Grossrat Nathan Güntensperger hat in einem Leserbrief ans Bieler Tagblatt nicht nur seinen Unmut über ausländische Fahrende geäussert, sondern darüber hinaus aus Sicht der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auch gegen die Rassismus-Strafnorm verstossen. Die GfbV hat heute zusammen mit Schweizer Roma-Organisationen Strafanzeige eingereicht.

Es sei immer wieder erstaunlich, wie uns Medien und Wissenschaftler erklären wollen, „Roma wären doch eigentlich ganz normale Leute wie du und ich“, beginnt der Berner GLP-Grossrat Nathan Güntensperger seinen Leserbrief ans Bieler Tagblatt. Der Brief vom 6. September 2016, der auch von der Zeitung „20 Minuten“ aufgegriffen wurde, legt in den Augen der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und ihrer Partnerorganisationen nicht nur Güntenspergers Unmut über ausländische Fahrende im Kanton Bern dar, sondern mündet in einer hetzerischen Tirade gegen die ganze Roma-Gemeinschaft.

Aus Sicht der GfbV, der Rroma Foundation, dem Verein Sinti und Roma Schweiz, dem Roma Jam Session Art Kollektiv sowie dem Verein Romano Dialog verletzt der Berner Grossrat in seinem Leserbrief die Rassismus-Strafnorm. Er zählt seine subjektiven Negativerfahrungen mit ein paar Gruppen fahrender Roma auf, suggeriert jedoch, dass sich alle Roma so verhalten: Roma seien gemäss Güntensperger keine „normalen“ Leute wie du und ich. Diese abwertende und pauschalisierende Aussage verstösst aus Sicht der genannten Organisationen klar gegen die Rassismus-Strafnorm Art. 261bis StGB. Konkret verletzt sehen die Organisationen die Tatbestände Abs. 4 („gegen die Menschenwürde verstossende rassistische Herabsetzung“), Abs. 2 (Verbot der Verbreitung rassistischer „Ideologien“) und Abs. 1 („Aufruf zu Hass und Diskriminierung“). „Herr Güntensperger suggeriert, dass Roma nicht ’wie du und ich’ seien. In seinem Leserbrief stellt er sie als minderwertig dar“, sagt Angela Mattli, GfbV-Kampagnenleiterin zu den Rechten von Jenischen, Sinti und Roma.

Verstärktes Engagement gegen Antiziganismus gefordert

Die GfbV und die Organisationen der Schweizer Roma stellen in den letzten drei Monaten eine klare Zunahme von rassistischen und diskriminierenden Aussagen von Schweizer Politikerinnen und Politikern über Roma fest: „Roma gelten vielerorts als Sündenböcke – auch in der Schweiz“, sagt Kemal Sadulov von der Organisation Romano Dialog. „Dabei kommt es regelmässig zur Herabwürdigung der ganzen Minderheit, ohne dass die Organisationen der Roma zu Wort kommen und ohne dass rassistische Äusserungen gegen unsere Minderheit von der Öffentlichkeit verurteilt werden.“ So hat sich beispielsweise die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus bisher nicht öffentlich zu den jüngsten Vorfällen geäussert. Und auch von Politik und Behörden kam bisher kaum Unterstützung. In der Schweiz leben schätzungsweise 80‘000 bis 100‘000 Roma. Sie sind gut integriert, leben aber zusätzlich ihre eigene Kultur und Sprache. Die allergrösste Mehrheit ist sesshaft.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker, die Rroma Foundation, der Verein Sinti und Roma Schweiz, das Roma Jam Session Art Kollektiv sowie der Verein Romano Dialog verlangen von Bund und Kantonen ein verstärktes Engagement gegen Rassismus gegenüber Roma: „ Wir fordern von Politik und Verwaltung, dass sie rassistische Äusserungen gegenüber Roma in derselben Deutlichkeit verurteilen, wie sie es zu Recht bei rassistischen Äusserungen gegenüber anderen Minderheiten in der Schweiz tun“, hält Stéphane Laederich von der Rroma Foundation fest.

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