29. April 2020

Medienmitteilung

Berner Polizeigesetz: Bundesgericht gibt der «Lex Fahrende» eine Abfuhr

Heute hat sich das Bundesgericht gegen die « Lex Fahrende» im Berner Polizeigesetz ausgesprochen. Fahrende Minderheiten dürfen auch künftig nicht ohne entsprechende Verfügung und rechtliches Gehör innert kürzester Frist weggewiesen werden. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) begrüsst den Entscheid: Er ist ein Präzedenzfall gegen diskriminierende Sondergesetze und ein Bekenntnis für den Minderheitenschutz in der Schweiz.

Die Demokratischen JuristInnen Bern (DJB), die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) sowie weitere Organisationen und Privatpersonen haben im März 2019 gemeinsam beim Bundesgericht eine Beschwerde («abstrakte Normenkontrolle») gegen das Berner Polizeigesetz eingereicht. Neben den Bestimmungen zur Kostentragung bei Veranstaltungen mit Gewalttätigkeiten und Observationen haben die Beschwerdeführenden insbesondere die sogenannte «Lex Fahrende» kritisiert, welche die Wegweisung von fahrenden Jenischen, Sinti und Roma erleichtern soll. Heute hat das Bundesgericht u.a. entschieden, diese Bestimmung aufzuheben, da sie gegen das Diskriminierungsverbot verstösst.

Bundesgericht schafft Präzedenzfall zu Gunsten fahrender Minderheiten

Das Berner Polizeigesetz hätte vorgesehen, dass Personen, die ein Grundstück ohne Erlaubnis des Eigentümers oder Besitzers als Halteplatz nutzen, ohne rechtliches Gehör und entsprechende Verfügung weggewiesen werden dürfen und die entsprechenden Grundstücke innerhalb von 24 Stunden geräumt haben müssen. Zwar sind diese Bestimmungen an die Existenz eines Transitplatzes gekoppelt. Dennoch reicht dies nicht aus, um den Minderheitenschutz zu gewährleisten und den Bedürfnissen fahrender Jenischen, Sinti und Roma Rechnung zu tragen.

«Die Streichung der «Lex Fahrenden» aus dem Berner Polizeigesetz ist ein wichtiger Schritt für die rechtliche Verankerung des Minderheitenschutzes in der Schweiz», sagt Angela Mattli, Kampagnenleiterin bei der GfbV. «Dies hat hoffentlich Signalwirkung für andere Kantone, welche ähnliche Bestimmungen planen. Das Bundesgericht hat zu Recht erkannt, dass Sondergesetze, welche Minderheiten diskriminieren und auf ihre Wegweisung abzielen, inakzeptabel sind».

Haltung des Berner Regierungsrates wird gestützt

Der heutige Entscheid stützt auch die Haltung des Berner Regierungsrates. Dieser hat sich im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses im Berner Grossrat gegen die «Lex Fahrende» ausgesprochen. Der Artikel würde ein Sondergesetz schaffen, welche gewisse Lebensweisen und Personengruppen ungleich behandle. Dies sei rechtlich problematisch. Die Mehrheit des Berner Grossrates sah jedoch in der Ausweitung des Wegweisungsartikels auf fahrende Minderheiten ein probates, öffentlichkeitwirksames Mittel, um auf die aufgeheizte Stimmung im Windschatten der Debatte um den Transitplatz in Wileroltigen zu reagieren. Die rechtlichen Bedenken wurden dabei willentlich ignoriert. So kam es auch, dass die Berner Stimmbevölkerung am 9. Februar 2019 über einen Artikel im Polizeigesetz abstimmte, der sich rechtlich nicht umsetzten lässt. Dieser Umstand wurde mit dem heutigen Urteil des Bundesgerichtes korrigiert.

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