05. Juli 2022

Medienmitteilung

Russische Aggression gegen Indigene - sogar innerhalb der UNO

Nachdem die indigene Menschenrechtsaktivistin Yana Tannagasheva gestern während der Session des UN-Expertenmechanismus für die Rechte indigener Völker (EMRIP) in Genf ein Statement abgegeben hatte, wurde sie von einem Vertreter der russischen Mission in Genf verbal angegriffen und beleidigt. Die Gesellschaft für bedrohte Völker schliesst sich der harschen Verurteilung des Vorfalls durch verschiedene Staaten und die Exil-Organisation ICIPR an.

„Nicht einmal in Genf innerhalb der Mauern der UNO sind Menschenrechtsaktivist:innen vor russischen Aggressionen sicher“, sagt Tabea Willi, Kampagnenleiterin der Gesellschaft für bedrohte Völker Schweiz (GfbV). Das zeigte ein unhaltbarer Vorfall gestern anlässlich der Session des UN-Expertenmechanismus für die Rechte indigener Völker (EMRIP): Nachdem die bekannte indigene Menschenrechtsaktivistin Yana Tannagasheva aus Russland anlässlich der UN-Session ein Statement abgegeben hatte, wurde sie von einem Vertreter der russischen Mission angegangen. Dieser beleidigte sie vor versammeltem Plenum und warf ihr die Visitenkarte ins Gesicht, die er kurz zuvor von ihr verlangt hatte. Ähnlich schikanös verhielt sich der russische Offizielle bereits zuvor während der Rede der indigenen Krimtatar:innen. Indigene formten im Saal einen schützenden Kreis um die Aktivistin.

Der Vorfall schlägt hohe Wellen

Regierungsvertreter:innen der Länder Guatemala, Australien, Neuseeland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Mexiko, Ecuador, verurteilten in einem gemeinsamen Statement den Vorfall scharf. Sie fordern sicheren Zugang zu den UN-Menschenrechtsorganen für Menschenrechtsverteidiger:innen, frei von staatlichen Einschüchterungen. «Dieser Vorfall muss ernst genommen werden. Die verantwortliche Person muss zur Rechenschaft gezogen werden und es braucht Massnahmen, damit Solches nicht mehr passiert», fordert Tabea Willi von der GfbV.

Auch die neu gegründete Exil-Organisation «International Committee of Indigenous Peoples of Russia» (ICIPR) verurteilt in ihrem Statement den Übergriff gegenüber ihres Mitglieds Yana Tannagasheva scharf und fordert sichere Bedingungen für Menschenrechtsverteidiger:innen in UNO-Sessionen. Dmitry Berezhkov, Gründungsmitglied von ICIPR, sieht ein Muster von Einschüchterungen gegen Verteidiger:innen indigener Rechte, das sich nun auch innerhalb der UNO zeige: „Wir betrachten den gestrigen aggressiven Übergriff des Vertreters des russischen Staates gegen Frau Yana Tannagasheva, einschliesslich des Versuchs, ihre persönlichen Daten herauszufinden, als reine Einschüchterung, wenn man unsere langjährige negative Erfahrung in diesem Bereich mit russischen Beamten bedenkt.“

Indigene sprechen in Genf

Der Vorfall kam auch im Online-Side Event zur Sprache, den die GfbV zusammen mit der Exilorganisation «International Committee of Indigenous Peoples of Russia» (ICIPR) gestern organisierte. Tannagasheva sprach von einem «grossen Schock», gleichzeitig habe sie die Solidarität anderer Teilnehmer:innen überwältigt. «Jetzt haben hier alle das wahre Gesicht Russlands gesehen», sagte Tannagasheva. Für sie sei das nicht neu, aber es sei krass, dass Vertreter:innen Russlands sich nicht mal mehr für solche Übergriffe auf internationalem Parkett schämen würden. In Russland sei die Situation schlimm: «Die Menschen haben Angst, sich zu äussern, sie haben Angst um ihre Familien, sogar wenn sie nur auf Zoom sprechen.» Láilá Susanne Vars, Expertin des EMRIP und Sami aus Norwegen, schaltete sich kurz in das Meeting ein und betonte, dass das EMRIP den Vorfall wie auch die gesamte Situation in Russland und der Ukraine ernstnehme. Es sei wichtig, nicht den Mut zu verlieren und weiter die Stimme für Indigene zu erheben. Nur so könnten die Anliegen in die internationale Gemeinschaft getragen werden.

Auf Einladung der GfbV und ICIPR sprechen russische Indigene derzeit in Genf über die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf ihre Gemeinschaften und auf die Menschenrechtsarbeit in Russland. Seit Kriegsbeginn unterdrückt das russische Regime Kritik härter denn je. Davon sind marginalisierte Gruppen wie Indigene schwer betroffen: Ihr Aktivismus vor Ort wäre derzeit lebensgefährlich, daher bleibt für viele nur das Exil. Viele im Land Verbliebene sehen sich gezwungen unter staatlichem und finanziellem Druck in den russischen Krieg einzurücken. Dort kämpfen sie dann für ein Land, in dem es gegenwärtig unmöglich ist, sich für indigene Rechte zu engagieren und das auch in der Ukraine indigene Territorien besetzt.

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