03. Juni 2016

Medienmitteilung

«Kinder der Landstrasse» gehören ins Geschichtsbuch!

30 Jahre nach der Entschuldigung des Bundesrates werden die Jenischen in der Schweiz nach wie vor diskriminiert und das Schicksal der «Kinder der Landstrasse» droht vergessen zu gehen. Deshalb fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), dass die Verfolgungsgeschichte der Jenischen in die Geschichtsbücher aufgenommen wird.

Am 3. Juni 1986 entschuldigte sich Bundesrat Alphons Egli dafür, dass der Bund das «Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse» der Stiftung Pro Juventute mitfinanziert hatte. Zwischen 1926 und 1972 wurden rund 600 jenische Kinder ihren Eltern entrissen mit dem Ziel, sie zu «brauchbaren Bürgern» zu machen und die jenische Kultur auszurotten. Bis heute fehlt dieses düstere Kapitel in den Schweizer Schulbüchern gänzlich.

Vorstoss im Nationalrat
«Wir stellen fest, dass die Jugendlichen nichts mehr über die 'Kinder der Landstrasse' wissen», sagt Angela Mattli, Kampagnenleiterin bei der GfbV. Damit die damaligen Fehler der Behörden nicht vergessen gehen und sich vor allem nicht wiederholen, verlangt die GfbV, dass die Kultur- und Verfolgungsgeschichte der Jenischen in den Schulbüchern thematisiert wird. Dazu hat Nationalrätin Barbara Gysi (SP/SG) gestern eine Interpellation eingereicht.

30 Jahre nach der Entschuldigung werden die Jenischen – wie auch die ethnischen Minderheiten Roma und Sinti – in der Schweiz immer noch diskriminiert. Jenische sind zum Beispiel häufig Opfer von «Racial profiling» durch die Polizei. In der politischen Gremienarbeit sind sie untervertreten. Berechtigte Anliegen dieser Minderheit werden oft auf die lange Bank geschoben. Angela Mattli: «Obwohl gesetzlich verankert, wird die jenische Kultur kaum gefördert und der Anspruch auf genügend Stand -und Durchgangsplätze muss stets neu verhandelt werden.»

Die fehlende Auseinandersetzung mit der Vergangenheit führt dazu, dass Stereotypen und Vorurteile unhinterfragt reproduziert werden – auch von den Behörden. Allein der verwendete Begriff «Fahrende» zeigt, dass die Diskussion von Vorurteilen geprägt ist. «Jenische sind Jenische. Ob sie fahren oder sesshaft sind», so Mattli.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker ist überzeugt, dass 30 Jahre nach der Entschuldigung es an der Zeit ist, dass die Jenischen in der Schweiz ihre Kultur selbstbestimmt leben und als Teil der Schweiz anerkannt werden.

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