20. Juli 2023

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Indigene Aktivist:innen aus Russland verurteilen EMRIP mit deutlichen Worten

Diese Woche findet die diesjährige Session des UN-Expertenmechanismus für die Rechte indigener Völker (EMRIP) in Genf statt. Einige der GfbV-Partner:innen sind vor Ort und nehmen an der Session teil. Dabei setzen sie sich mit aller Kraft dafür ein, russische Propaganda zu kontern und haben dabei deutliche Worte gefunden: Der EMRIP halte der Propaganda nicht stand, kritisieren sie.

Diesen Montag hat die diesjährige Session des UN-Expertenmechanismus für die Rechte indigener Völker (EMRIP) in Genf begonnen. Die aktuellen Debatten verdeutlichen: Der EMRIP funktioniert nicht unabhängig staatlicher Positionen, deren Einflussnahme und geopolitischer Spannungen. Dies zeigte sich etwa in einem Berichtsentwurf zu «Militarisierung und deren Folgen für Indigenenrechte», der in einer Session am EMRIP präsentiert und kommentiert worden ist.

Dieses Thema ist für die GfbV-Partner:innen aus Russland in der momentanen Kriegssituation besonders drängend. Doch ihre kritischen Stimmen sind nicht in den Bericht eingeflossen: Umso zentraler ist es für die in Genf weilenden indigenen Partner:innen, darunter Yana Tannagasheva und Dmitry Berezhkov, den staatsnahen Stimmen im EMRIP Paroli zu bieten und deren Falschaussagen zu kontern. So macht Yana Tannagasheva deutlich: «Wir stellen mit großer Besorgnis fest, dass die Abschnitte der EMRIP-Studie über die Militarisierung, die Russland und die Ukraine betreffen, äußerst kontrafaktisch sind und sich nicht für eine Veröffentlichung eignen.»

Der EMRIP wird den Bericht dem UN-Menschenrechtsrat mit einem Jahr Verspätung vorlegen. Der Grund für die Verspätung: Der Bericht sollte auch die Folgen der Militarisierung im Rahmen des Einmarschs Russlands in die Ukraine am 24. Februar 2022 dokumentieren, die damals noch nicht absehbar waren. Doch in dem nun vorgelegten Berichtsentwurf verliert der EMRIP kaum ein Wort darüber – oder nimmt russische Propaganda mit in den Bericht auf.

Und dies, obschon der Krieg in der Ukraine und die damit einhergehende Militarisierung für indigene Gemeinschaften sowohl in der Ukraine als auch in Russland einschneidende Konsequenzen hat: «Dieser Krieg hat auf beiden Seiten Tausende von indigenen Menschenleben gefordert, da die indigene Bevölkerung der Krim durch russische Kugeln getötet wird, während die indigene Bevölkerung Russlands, die nach wie vor die schwächste und am meisten benachteiligte Bevölkerungsgruppe in unserem Land ist, zwangsweise zu den russischen Streitkräften eingezogen wurde und viele der Betroffenen in der Ukraine als Soldaten der Kolonialarmee sterben», sagt Dmitry Berezhkov, ein aus Kamtchatka stammender indigener Aktivist, der sich für die Rechte indigener Gemeinschaften in Russland stark macht. Yana Tannagasheva, eine indigene Aktivistin, die aufgrund Drohungen gegen sich und ihre Familie aus Russland geflohen ist, doppelt mit einer Studie nach: Diese belegt, dass das Risiko in dem Krieg zu sterben für indigene Männer um ein 300-faches höher ist als für die weisse, ethnisch russische Mehrheit der Bevölkerung.

Repression und erzwungener Millitärdienst unterschlagen

All dies fehlt im Bericht – vielmehr heisst es, dass indigene Menschen in Russland im Kontext des Ukrainekrieges vom Militärdienst ausgenommen worden seien. «Dies ist eine Lüge und schlicht falsch», so Dmitry Berezhkov. «Meine indigenen Freunde aus Jakutien wurden von der russischen Armee in den Krieg in der Ukraine gezwungen, gerade weil sie indigene Jäger sind. Weil sie Jagderfahrung haben, weil sie indigene Sprachen sprechen, die die ukrainischen Soldaten nicht verstehen, und weil sie keine formelle Anstellung haben. Und indem sie in die Armee eingezogen werden, geben die Behörden sogar vor, die Arbeitslosigkeit in der Region zu reduzieren», erklärt Dmitry Berezhkov. Und auch die Repression gegen jene, die sich wehren, hat um einiges zugenommen, wie Yana Tannagasheva anfügt: «Das russische Regime verstärkt die Verfolgung und Einschüchterung von Vertreter:innen indigener Gemeinschaften, die offen für ihr Land, ihre Territorien und ihr Recht auf Selbstbestimmung kämpfen und ihre Position öffentlich deutlich machen.»

All dies findet keine Erwähnung in dem Bericht. Mehr noch, im Bericht findet man eine Sprache, die man aus russischer Propaganda kennt: «Es ist eine Schande» findet Dmitry Berezhkov, «und ich frage mich entsprechend: Wann und warum hat sich der EMRIP von einer Menschenrechtsorganisation in eine russische Propagandaabteilung verwandelt?»

Um dieser Propaganda entgegenzuwirken, haben die GfbV-Partner:innen aus Russland, zusammen mit Vertreter:innen der Krimtatar:innen während eines Statements der Krimtatar:innen eine Protestaktion mit Plakaten durchgeführt: «Russland, stopp den Krieg», und «Russland muss aufhören, indigene Menschen umzubringen» waren darauf zu lesen – überaus mutige Aussage im heutigen Klima der Repression in Russland. Die Sicherheitskräfte der UNO schritten sofort ein und beendeten die Aktion. Den Aktivist:innen droht, bei einem erneuten Protest keinen Fuss mehr in die UNO setzen zu können.

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