22. November 2018
Medienmitteilung
Sri Lanka: Rückführungen aus der Schweiz während Krise stoppen
Sri Lanka befindet sich in einer schweren politischen Krise. Der Präsident hat zuerst seinen Vorgänger und mutmasslichen Kriegsverbrecher zum Ministerpräsidenten ernannt, später dann das Parlament aufgelöst und Neuwahlen ausgerufen. Diese Order wurde aber vom obersten Gerichtshof kurz darauf wieder ausgesetzt. Die danach einberufenen Parlamentssitzungen endeten aber in Gewaltausbrüchen zwischen den Parlamentariern. Angesichts der instabilen Situation fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) , dass keine Rückführungen nach Sri Lanka durchgeführt werden, bis die politische Krise gelöst ist.
Am 26. Oktober 2018 hat der sri-lankische Präsident Maithripala Sirisena völlig überraschend den ehemaligen Präsidenten und mutmasslichen Kriegsverbrecher Mahinda Rajapaksa zum Ministerpräsidenten ernannt. Am selben Tag haben Rajapaksa-Anhänger – teilweise mit Gewalt – die Kontrolle über die staatliche Presse übernommen. Unter der autoritären Führung Rajapaksas wurden etliche Oppositionelle, Journalistinnen und Aktivisten entführt, gefoltert oder gar umgebracht. Vor allem auch für die tamilische sowie muslimische Minderheit könnte eine Machtübernahme des Rajapaksa-Clans verheerend sein. Die sri-lankischen Medien berichteten, mehrere Personen seien aufgrund von Todesdrohungen bereits aus Sri Lanka geflüchtet.
Oberster Gerichtshof greift ein
Am 9. November hat Sirisena das Parlament aufgelöst und Neuwahlen angesetzt. Der oberste Gerichtshof hat jedoch die Auflösung des Parlaments vorübergehend wieder ausgesetzt und wird am 7. Dezember den definitiven Entscheid fällen. Das Parlament tagte ab dem 14. November wieder, jedoch ist es zu gewalttätigen Tumulten mit mehreren verletzten Parlamentarierinnen und Parlamentariern gekommen. Zwei Misstrauensvoten gegen den illegitimen Ministerpräsidenten wurden trotz der Störungen angenommen. Sie wurden allerdings vom Präsidenten nicht akzeptiert. Es ist derzeit unklar, wie es weitergeht. Es muss jederzeit mit gewalttätigen Auseinandersetzungen gerechnet werden.
Trotz politischer Krise Zwangsrückführungen nach Sri Lanka
Gemäss einem Artikel der „NZZ am Sonntag“ vom 18.11.2018 hat die Schweiz auch während der politischen Krise eine Person unter Anwendung von Zwangsmassnahmen nach Sri Lanka ausgeschafft. Ausserdem wird ein Sprecher des Staatssekretariats für Migration (SEM) im gleichen Artikel zitiert, dass die politische Krise keinen Einfluss auf Rückführungen habe. Bisher hat das SEM jedoch argumentiert, dass Rückführungen wegen der verbesserten Menschenrechtssituation unter der Sirisena-Regierung vermehrt möglich seien. «Folglich muss ein Regimewechsel und eine solch schwere politische Krise auch bedeuten, dass die Lage wieder neu beurteilt werden muss», fordert Yves Bowie, Kampagnenleiter Sri Lanka bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV).
Praxisänderung für tamilische Asylsuchende zwingend nötig
Die Tumulte im Parlament zeigen, dass es derzeit keine vertrauenswürdige Ansprechpersonen in der sri-lankischen Regierung gibt. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die physische Unversehrtheit für rückgeführte Tamilinnen und Tamilen gewährleistet werden kann. «Die Situation ist in Sri Lanka ist sehr fragil und man muss daher davon ausgehen, dass die Schweiz die Sicherheit für tamilische Rückkehrende nicht sicherstellen kann», sagt Yves Bowie. Die GfbV fordert die Schweiz auf, keine Rückführungen nach Sri Lanka durchzuführen, bis die Krise auf demokratische Weise gelöst wird und die Asylpraxis der politischen Situation in Sri Lanka anzupassen.