19. Februar 2021

Medienmitteilung

Das Abkommen mit Indonesien bringt indigenen Gemeinschaften keine Verbesserung

Am 7. März wird die Schweiz über das Freihandelsabkommen mit Indonesien abstimmen. Obwohl die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in der Verknüpfung von Zollerleichterungen mit Nachhaltigkeitsbestimmungen eine Chance für die Verhandlung zukünftiger Handelsabkommen sieht, bietet das konkrete Abkommen keine ausreichende Grundlage, um Indonesien zu einer nachhaltigen und fairen Landwirtschaft zu bewegen. Zudem geht es bei der Debatte um das Wirtschaftsabkommen um mehr als nur um das umstrittene Palmöl; Investitionen aus dem Ausland werden in Indonesien auf Kosten der lokalen Bevölkerung vorangetrieben. Die GfbV empfiehlt daher, das Freihandelsabkommen abzulehnen.

Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Indonesien sieht Zoller-leichterungen für eine bestimmte Menge an nachhaltig produziertem Palmöl vor. Dabei verknüpft ein Kapitel den zollreduzierten Palmölimport direkt und verbindlich mit Nachhaltigkeitsbestimmun-gen, was PPM-Ansatz genannt wird (Process and Production Methods). Die GfbV begrüsst grundsätzlich diese Verknüpfung von Marktkonzessionen mit Nachhaltigkeitsbestimmungen. Der Ansatz ist ein Novum für Schweizer Handelsabkommen und könnte bei der Verhandlung zukünftiger Freihandelsabkommen als Massstab dienen.

Palmölanbau als Bedrohung für die Umwelt und indigene Gemeinschaften

Was das Abkommen bezüglich Nachhaltigkeit verspricht, steht jedoch in starkem Kontrast zu den gegenwärtigen Entwicklungen der Palmölwirtschaft in Indonesien. Indonesien ist mittlerweile der weltweit grösste Palmöl-Produzent. Nach Borneo und Sumatra ist nun auch Westpapua vom Palmölboom betroffen, wo im industriellen Massstab grosse Waldflächen für den Anbau von Monokul-turen gerodet werden. Der Wald ist jedoch die Lebensgrundlage der Mehrheit der über 300 indigenen Gemeinschaften Westpapuas, die bis anhin nachhaltige Subsistenzproduktion betrieben ha-ben und von einem intakten Wald abhängig sind. Um den Wald zu schützen muss der Anbau von Palmöl nachhaltig gestaltet werden, wofür es griffige Massnahmen braucht. Das vorliegende Abkommen erfüllt dieses Kriterium aber nicht.

Ungenügende Zertifizierungssysteme

So sollen für den Nachweis, dass die im Abkommen definierten Nachhaltigkeitskriterien erfüllt sind, vier Zertifizierungssysteme verwendet werden, darunter das RSPO-Label. Dieses steht allerdings seit Jahren in der Kritik, dem eigenen Anspruch an Nachhaltigkeit nicht gerecht zu werden. Zwar begrüsst die GfbV, dass die RSPO-Richtlinien auch das Prinzip des Free, Prior and Informed Consent (FPIC) vorschreiben und das Label eine Anleitung für die Anwendung von FPIC veröffentlicht hat. Die Nachhaltigkeitsstandards werden jedoch kaum umgesetzt, nicht genügend kontrolliert und Verletzungen werden nicht sanktioniert. So gibt es in Indonesien kein tatsächlich nachhaltiges Palmöl, und die Einhaltung der Indigenenrechte ist nicht gewährleistet.

Mangelnde Rechtsdurchsetzung

Dazu kommt, dass das Abkommen zwar ein Nachhaltigkeitskapitel enthält, diesem fehlt es aber an Sanktions- und Kontrollmechanismen. Denn das Nachhaltigkeitskapitel – und damit auch die Best-immungen zu Palmöl – ist von der im Abkommen integrierten Schiedsgerichtsbarkeit ausgeschlossen. Auch der vorgesehene Gemischte Ausschuss vermag die Rechtsdurchsetzung der Nachhaltigkeitsbestimmungen nicht zu gewährleisten. Dies reduziert das Nachhaltigkeitskapitel auf eine reine Absichtserklärung.

Fehlende Einfuhrbeschränkung von nicht-nachhaltigem Palmöl

Weiter kann auch nach einer Annahme des Freihandelsabkommen nicht nachhaltig produziertes Palmöl aus Indonesien importiert werden – einfach ohne Zollvergünstigung. Aus diesem Grund schlägt der Berner Sozialanthropologe und Indonesienkenner Heinzpeter Znoj vor, die Einfuhr von nicht-nachhaltigem Palmöl mit Strafzöllen zu belegen und beim Import von nachhaltigem Palmöl über den RSPO-Standard hinausgehen. Da wäre ein wirksames Zeichen, um die besorgniserregende Entwicklung in Indonesien abzufedern.

Freihandel auf Kosten der indigenen Bevölkerung

Beim Freihandelsabkommen geht es ausserdem um mehr als nur um Palmöl. Die Verschärfung von geistigen Eigentumsregeln z.B. für Pharmazeutika und Saatgut haben negative Auswirkungen auf die indigene Bevölkerung. Ebenso werden im Dienstleistungssektor die Regeln gelockert und der Investitionsschutz für ausländische Unternehmen gestärkt. Indonesiens Regierung ist gleichzeitig dabei, das sogenannte Omnibus-Gesetz zu verabschieden. Einer der strittigen Punkte in diesem Gesetz ist die Lockerung der Anforderungen an Unternehmen und Bauträger zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Dies wird indigene Gemeinschaften zusätzlich unter Druck setzen.

Die GfbV kommt daher zum Schluss, dass das Freihandelsabkommen mit Indonesien nicht hält, was es in Sachen Nachhaltigkeit verspricht. Inbesondere bringt es den indigenen Gemeinschaften keine Verbesserung. Die GfbV empfiehlt deshalb, das Abkommen am 7. März abzulehnen.

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