Aktuell: Credit Suisse macht einen Schritt für Indigenenrechte
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und die Schweizer Grossbank Credit Suisse haben Mitte Oktober 2019 das Mediationsverfahren im Rahmen des Schweizer Kontaktpunktes (NKP) für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen abgeschlossen. Die Credit Suisse hat sich verpflichtet, den Schutz der Rechte von indigenen Gemeinschaften in ihren internen Richtlinien bei Projektfinanzierungen zu verankern. Die GfbV begrüsst diesen wichtigen Schritt als ein klares Zeichen für die gesamte Finanzbranche. Sie erwartet aber von der CS und allen Finanzinstituten, dass sie diese Richtlinie auf alle Bereiche wie etwa die Firmenfinanzierung und das Aktiengeschäft ausdehnt. Zudem soll sie bei Verstössen entschlossen handeln.
Konflikt bei Standing Rock um NoDAPL: «GfbV reicht Beschwerde gegen Menschenrechtsverstösse der CS ein»
Die Schweizer Banken CS und UBS müssen als Kreditgeberinnen und Verwalterinnen von Aktien an das für den Bau der umstrittenen North Dakota Access Pipeline verantwortliche Konsortium Energy Transfer Family öffentlich klar Stellung nehmen und handeln, wenn es um Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden geht. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat daher beim schweizerischen OECD-Kontaktpunkt für Menschenrechte Beschwerde eingereicht und verlangt von den beiden Banken, dass sie künftig auf Geschäftsbeziehungen verzichten, wenn vor Ort Menschenrechtsverletzungen begangen werden.
Der Bau der Erdöl-Pipeline im Standing Rock Reservat in North Dakota löste seit April 2016 massive Proteste aus. Die indigenen Sioux, deren Land von dem Projekt betroffen ist und die sich gegen potentielle Umweltschäden zur Wehr setzten, erhielten weltweit Unterstützung. In dem kontroversen North Dakota Access Pipeline Projekt sind die Schweizer Grossbanken UBS und CS massgeblich involviert. Bei drei von vier beteiligten Firmen der Energy Transfer Family – Energy Transfer Partners, Energy Transfer Equity und Sunoco Logistics Partners – verwalten die Credit Suisse Aktienpakete im Gesamtwert von über hundert Millionen und die UBS solche im Wert von einer halben Milliarde Schweizer Franken. Zudem haben sowohl die CS als auch die UBS Kreditlinien von mehreren Hundert Millionen Schweizer Franken an die drei oben genannten Firmen gewährt. Bei Gesprächen zwischen der GfbV, Greenpeace und den Nachhaltigkeitsabteilungen beider Banken haben letztere immer wieder betont, dass man sich der Problematik bewusst sei. Ausserdem hätten beide Banken Richtlinien erstellt, die Investitionen und Dienstleistungen ausschliessen sollen, welche mit Menschenrechtsverletzungen oder massiven Umweltschäden in Verbindung stehen.
Der Konflikt in Standing Rock zeigt jedoch auf, dass diese Richtlinien in der Praxis grosse Lücken haben und dadurch letztlich zur Farce werden. Obwohl die GfbV im Dezember 2016 den Banken eine Petition mit rund 6500 Unterschriften eingereicht hatte, wurde im Januar und Februar 2017 bekannt, dass die CS entgegen besseren Wissens ihre Geschäftsbeziehungen zu den beteiligten Firmen intensivierte: Die CS sprach nicht nur weitere Kreditlinien, sie übernahm zudem verschiedene Verwaltungstätigkeiten zugunsten des Baukonsortiums. Es ginge aber auch anders: In der Zwischenzeit haben andere Banken ihre Aktien abgestossen, die Kredite verkauft oder sich zumindest öffentlich vom Projekt distanziert.
Anlässlich der Generalversammlung der Credit Suisse hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) einmal mehr darauf aufmerksam gemacht, dass die Bank bei der Finanzierung der umstrittenen North Dakota Access Pipeline respektive des Baukonsortiums in den USA eine federführende Rolle spielt. Weil die CS keinen Forderungen der GfbV nachkam und keine echte Verhandlungsbereitschaft zeigte, reichte die GfbV am 28. April 2017 Beschwerde ein beim Nationalen Kontaktpunkt (NCP) für die OECD-Leitsätze (angesiedelt beim SECO).
Forderungen
Die GfbV fordert von den Banken:
– Ihre Investitionspolitik und Dienstleistungen konsequent nach den OECD-Richtlinien für multinationale Unternehmungen, den UNO-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte und der UNO- Deklaration über die Rechte indigener Völker auszurichten.
– Für sämtliche Projekte, die Auswirkungen auf indigene Völker haben, gewährleisten können, dass das freie, informierte und vorzeitige Einverständnis der Indigenen eingeholt worden ist.
– Eine konsequente Sorgfaltsprüfung bezüglich Einhaltung der Menschenrechte und einer intakten Umwelt durchzuführen, bevor Dienstleistungen an Projekten oder an Firmen vollzogen werden.
– Durchsetzung der internationalen Verpflichtungen und der internen Richtlinien bei allen Kreditvergaben oder andere Dienstleistungen. Insbesondere sollen Dienstleistungen kündbar sein, falls die Dienstleistungsnehmer in Menschenrechtsverletzungen oder massive Umweltschäden involviert werden.
– Proaktives Engagement der Banken, um bei Konflikten die Dienstleistungsnehmer zu einem menschenrechtskonformen Verhalten zu ermahnen, und Kündigung der Dienstleistungen, falls sich die Situation nicht verbessert.
Solidarität mit Standing Rock: Weltweite Proteste gegen die North Dakota Access Pipeline
Das kontroverse Erdöl-Pipeline-Projekt im US-Bundesstaat North Dakota, in der Region des Reservats Standing Rock des indigenen Volkes der Sioux, löste seit April 2016 weltweit massive Proteste aus. Die GfbV zeigt sich solidarisch mit Standing Rock und macht durch eine Online-Petition auf die Situation aufmerksam.
Das kontroverse Erdöl-Pipeline-Projekt im US-Bundesstaat North Dakota, in der Region des Reservats Standing Rock des indigenen Volkes der Sioux, löste seit April 2016 weltweit massive Proteste aus. Trotz klirrender Kälte besetzten Tausende von Protestierenden, darunter viele Indigene, Wasseraktivisten und Klimaaktivistinnen im Winter 2016/2017 die Baustelle und blockierten die Fertigstellung der fast 1‘900 Kilometer langen Pipeline. Sie fürchten bei einem Leck massive Umweltschäden und wehren sich gegen die Zerstörung von indigenen Heiligtümern. Die Sicherheitskräfte gingen in der Folge brutal mit Tränengas und Wasserwerfern gegen die Demonstrierenden vor; seit Beginn der Proteste wurden über 700 Personen verhaftet. Die zuständige staatliche Landverwaltungsbehörde zog Anfang Dezember schliesslich die Notbremse und entschied, die Bewilligung für das problematische letzte Teilstück des Projekts zu suspendieren, bis eine umfassende Umweltstudie gemacht und weitere Abklärungen mit den betroffenen Indigenen getroffen würden.
US-Präsident Trump jedoch verfolgte eine andere Politik. Kaum eine Woche im Amt, forderte Trump die zuständige Behörde in einem Memorandum auf, die bereits laufende Umweltstudie sofort abzubrechen und das Projekt so rasch wie möglich durchzudrücken. Unter dem massiven politischen Druck erteilte die Behörde am 7. Februar die nötige Bewilligung trotz laufender Gerichtsverfahren. Am 13. Februar folgte ein weiterer Rückschlag, als der zuständige Richter entschied, dass für die Standing Rock Sioux noch keine Gefahr von der Pipeline ausgehe, solange sie nicht in Betrieb sei und die Bauarbeiten deshalb weitergehen können. Dies löste erneut weltweite Proteste und Widerstand gegen die unhaltbaren Zustände aus. Trotz massiven internationalen Proteste wurden die Bauarbeiten fortgesetzt und die Aktivistinnen und Aktivisten mussten sich zurückziehen.
Die GfbV zeigte sich seit Herbst 2016 solidarisch mit Standing Rock, indem sie die finanzielle Verwicklung der Schweizer Grossbanken UBS und CS in das kontroverse Pipeline-Projekt involviert thematisierte. Um auf die Situation aufmerksam zu machen, hat die GfbV in den letzten Monaten mehrere Medienmitteilungen publiziert. Sie überreichte im Dezember den beiden Banken rund 6500 Unterschriften einer Online-Petition und unterstützt zusammen mit Partnern wie Incomindios, Fossil Free und Einzelaktivisten verschiedene Aktionen in Bern, Basel und Zürich.
Stories
Mitstreiter
Fordern Sie von den weltgrössten Banken in ihren Leitlinien zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten – den Equator Principles – Umweltschutz und Rechte indigener Völker viel stärker zu gewichten! Projekte, die nicht sozial-oder umweltverträglich sind, sollen von den Equator Principles nicht zugelassen werden.
Actares ist eine Organisation, die sich bei Schweizer börsenkotierten Unternehmen für eine verantwortungsvolle Wirtschaft einsetzt. Dazu gehört auch der Respekt vor den Rechten und Lebensräumen indigener Völker. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei Banken und Versicherungen, die durch die Bereitstellung von Kapital Projekte wie die Pipeline durch das Standing Rock-Reservat überhaupt erst ermöglichen.
Kontakt
Kontaktperson bei der GfbV
Julia Büsser, Kampagnenleiterin Wirtschaft und Indigenenrechte
Tel. +41 (0)31 939 00 13