08. August 2024
News
Neue Verfolgungswelle gegen Indigene Gemeinschaften in Russland
Auf dem Foto: Die Indigene Menschenrechtsverteidigerin Yana Tannagasheva
Indigene Gemeinschaften stehen global unter grossem Druck. So auch in Russland, wo der Staat Indigene Gemeinschaften noch stärker ins Visier nimmt. Betroffen davon sind auch Partner:innen der GfbV.
Ende Juli hat das russische Justizministerium 55 Organisationen und informelle Netzwerke als «extremistisch» eingestuft. Bei den meisten davon allen handelt es sich um Organisationen, die sich unabhängig voneinander für Rechte von Minderheiten und Indigene einsetzen. Auf der Liste der als «extremistisch» eingestuften Organisationen steht die Organisation ICIPR (International Committee of Indigenous Peoples of Russia) ganz zuoberst, die Vereinigung von aus Russland geflüchteter Indigener Menschenrechtsverteidiger:innen.
Mit seinem tatsachenwidrigen Vorgehen schafft der russische Staat die Grundlage, um noch brutaler gegen die Verteidiger:innen von Indigenen- und Menschenrechten vorzugehen. Allen, die mit den aufgeführten Organisationen irgendwie in Verbindung stehen, drohen lange Haftstrafen von bis zu 6 Jahren. Um einer solchen «Verbindung» bezichtigt zu werden, kann es bereits reichen, ein Symbol einer bestimmten Region zu tragen. «Für Indigene Gemeinschaften in Russland ist es nun fast unmöglich geworden, über das Recht auf Selbstbestimmung zu sprechen», sagt die Indigene Menschenrechtsverteidiger Yana Tannagasheva (im Bild) vom ICIPR. Russland versuche zudem mit seinem Vorgehen unabhängige Stimmen zu unterdrücken, die die Welt weiterhin über Verletzungen der Rechte indigener Völker und der Menschenrechte informieren.
Dreistes Vorgehen, massive Auswirkungen
Um die 55 Organisationen als «extremistisch» taxieren zu können, bedient sich Russland eines durchsichtigen Tricks. Das Justizministerium hat einfach eine Organisation erfunden, die es gar nicht gibt: die «Internationale Öffentliche Bewegung zur Zerstörung der multinationalen Einheit und territorialen Integrität Russlands». Der Staat hat diese Fantasieorganisation dann als «extremistisch» eingestuft, die 55 erwähnten unabhängigen Organisationen zu deren Unterorganisationen gemacht und diese ebenfalls als «extremistisch» taxiert. Dieses dreiste Vorgehen wendete die russische Regierung bereits bei den Repressionen gegen die LGBTIQA+-Minderheit an. Damals hatte das einschneidenden Folgen für die Betroffenen: Nach dem Entscheid kam es zu einer Repressionswelle gegen LGBTIQA+-Personen und Menschen, die im Verdacht standen, damit in Verbindung zu stehen. Dafür genügte beispielsweise bereits das Tragen von Regenbogensymbolen.
Nun droht auch eine weitere Intensivierung der bereits seit dem Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine zugespitzte Verfolgung von Indigenen Gemeinschaften innerhalb Russlands. Diese Repressionen reihen sich wiederum ein in eine lange Geschichte der kolonialen Unterdrückung Indigener Gemeinschaften durch den russischen Staat.
Betroffene Organisation wendet sich an die UNO
Die GfbV-Partnerorganisation ICIPR wehrt sich mit einem Brief an die UNO gegen den russischen Staat. Dessen neuste Verfolgung von Indigenen Organisationen erfolge, weil letztere an der UNO in Genf wiederholt russische Menschenrechtsverletzungen aufs Tapet brachte.
Die Entwicklung in Russland zeigt stellvertretend, wie wichtige eine effektive Stärkung und Wahrung von Indigenenrechten global ist. Die Gesellschaft für bedrohte Völker engagiert sich für starke Indigenenrechte und unterstützt Indigene Gemeinschaften und Organisationen wie den ICIPR dabei, zu diesen Rechten zu kommen.