21. November 2024
News
Grito Ancestral: Tupinambá-Gemeinschaften im brasilianischen Amazonas halten zusammen
Am unteren Tapajós-Fluss feierten am Samstag, den 16. November rund 300 Angehörige der Indigenen Tupinambá den Grito Ancestral (Schrei der Ahnen): Ein kraftvoller Moment für Zusammenhalt und den Kampf um den eigenen Lebensraum.
«Wir sind hier vereint im Kampf für das Leben», sagte Raquel Tupinambá, Koordinatorin der Tupinambá -Vereinigung und GfbV-Partnerorganisation Citupi, zur Eröffnung des Events. «Denn unser Lebensraum ist bedroht: Die Fische sterben, die Wälder brennen, unsere Gesundheit ist gefährdet.» Am Tapajós -Fluss im Bundesstaat Pará verschwindet immer mehr Wald wegen Bränden, Abholzung und Agrarwirtschaft. Auf dem Wasserweg werden Soja, Holz und andere Güter in die Hafenstadt Santarém und von dort nach Europa verschifft. Die Situation könnte sich noch zuspitzen, wenn die geplanten Infrastruktur-Projekte Ferrogrão und Hidrovia Realität werden: Eine Eisenbahnlinie und ausgebaute Wasserwege in der Region würden die Ausbeutung der Natur noch beschleunigen. Entsprechend stand der diesjährige Grito Ancestral unter dem Motto «Nein zu Ferrogrão, nein zu Hidrovia!».
Der Grito Ancestral ist für die Indigene Gemeinschaft der Tupinambá ein wichtiger Moment im Jahr. Er ist politische Manifestation, Besinnung auf die eigenen Wurzeln und Kulturfestival zugleich. Er verbindet Politik mit Spiritualität, Tradition mit Moderne. Nicht zuletzt will er junge Menschen ansprechen, damit sie eine Verbindung zu ihrer Kultur aufbauen und selbst für ihre Rechte eintreten können. Entsprechend waren auffallend viele Junge auf den vier Schiffen mit dabei, welche die rund 300 Teilnehmenden zur kleinen Insel São Tomé mitten im Tapajós-Fluss brachten, einem heiligen Ort für die Gemeinschaft.
Demonstration auf dem Wasser
«Wir bitten um Kraft für den Widerstand und die Durchführung dieses Grito Ancestral», sagte der spirituelle Leader Nato, der zu Beginn des Tages ein traditionelles Ritual mit Gesang, Gebeten und Segnungen durchführte. Anschliessend begann der politische Teil: Mit vier Schiffen, zahlreichen kleinen Booten sowie einem riesigen schwimmenden Transparent ging es auf den Fluss. Vorbeifahrende Frachtschiffe wurden von den Schiffen der Demonstration eingekreist, wobei Aktivist:innen aus den Booten auf die Frachtschiffe kletterten, um dort Transparente gegen Ferrogrão /Hidrovia anzubringen. Die übrigen Demonstrant:innen feuerten sie dabei mit Slogans und Trommeln an. Der Morgen verlief friedlich, auch weil die Aktivist:innen das Personal der Frachtschiffe vor den «Besetzungen» darauf aufmerksam machten, dass es sich um eine friedliche Aktion handelt.
Nach dem Mittagessen und einer grösseren Pause, während der sich die Teilnehmer:innen austauschten, fanden sie sich am Abend zu einem traditionellen Abschlussritual ein, das nahtlos in einen Kulturabend überging: Junge Menschen aus den Dörfern unterhielten mit Tanz und Gesang, wobei sie Pop und kulturelle Tradition kraftvoll mischten.
«Der Grito Ancestral wird jedes Jahr grösser», sagt Lucas Tupinambá, Vize-Koordinador von CITA, einer lokalen Dachorganisation. «Unterdessen kommen auch Teilnehmende von anderen Indigenen Gemeinschaften: Sie haben verstanden, dass der Tapajós ein Anliegen von uns allen ist.» Die Durchführung dieses Anlasses wird seit Jahren von der GfbV mitfinanziert.