17. Mai 2023
News
Frauen in China unter Druck
Uigur:innen arbeiten in einer Textilfabrik im Kreis Hotan im Süden Ostturkestans. Foto: Azamat Imanaliev
Der UN Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau hat in der diesjährigen Überprüfung Chinas einige Bedenken geäussert – auch in Bezug auf die Situation der Frauen, die der uigiurischen und tibetischen Minderheiten angehören. Denn die chinesische Unterdrückung dieser Bevölkerungsgruppen nimmt auch geschlechterspezifische Dimensionen an. GfbV-Kampagnenleiterin Fabienne Krebs gibt Auskunft.
Der CEDAW ist der UN Ausschuss für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau der Vereinten Nationen (Committee on the Elimination of Discrimination against Women), bestehend aus 23 Expert:innen. Dieser Ausschuss überwacht die Umsetzung der gleichnamigen UN-Konvention für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau. Staaten, die diese UN-Konvention unterschrieben haben, müssen dem Ausschuss in regelmässigen Abständen einen Bericht über ihre Umsetzung der UN-Konvention vorlegen. Der Ausschuss prüft diesen dann in öffentlichen Sitzungen und richtet seine Bedenken und Empfehlungen in abschliessenden Bemerkungen an die einzelnen Staaten.
China hat die UN-Konvention 1980 unterzeichnet. Dieses Jahr fand am 12. Mai die öffentliche Sitzung statt, an der der Bericht Chinas durch den CEDAW geprüft und kommentiert wurde. Diese Sitzung wurde mit grosser Spannung erwartet – gerade von Uigurinnen und Tibeterinnen, deren Unterdrückung in China geschlechterspezifische Komponente hat.
Die Vorsitzende des Frauenausschusses des Uigurischen Weltkongresses (WUC) Zumretay Arkin sagte anlässlich der öffentlichen Sitzung des CEDAW: «Diese Überprüfung hat deutlich gemacht, dass die chinesische Regierung die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen, die auf einen Völkermord hinauslaufen, einmal mehr leugnet. Der Ausschuss muss nun die Beweise von NGO, Forschenden und anderen unabhängigen Stellen bewerten und die chinesische Regierung zur Rechenschaft ziehen.»
Was ist die Situation in China?
In westlichen Medien hat zuletzt das Verschwinden der Tennisspielerin Peng Shuai Ende 2021 hohe Wellen geschlagen. Selten spricht man aber darüber, worauf unsere uigurische Partnerorganisation die CEDAW im Rahmen der diesjährigen öffentlichen Sitzung hingewiesen hat: Die Assimilierungspolitik in Ostturkestan und Tibet betrifft Frauen anders als Männer. Junge Frauen aus Ostturkestan werden unter enormen Druck in entfernte Regionen Chinas zur Arbeit im Textilbereich gezwungen. Es finden Zwangsehen junger Uigurinnen mit Han-Chinesen statt. Überlebende der Lager berichten von medikamentöse Zwangssterilisierungen der Frauen, und auch ausserhalb der Lager wird die Geburtenrate in der uigurischen Bevölkerung durch Zwangsbehandlungen mit Spiralen massiv gesenkt.
Wie haben sich die Expert:innen des CEDAW an der öffentlichen Sitzung geäussert?
Mehrere Mitglieder des Ausschusses stellten kritische Fragen zu der mehrfachen Diskriminierung von Frauen und Mädchen, die Minderheiten in China angehören. Die litauische Expertin, Dalia Leinartė, sprach in diesem Zusammenhang sehr explizit von sexualisierter Gewalt in den Lagern, von Zwangsarbeit und von Zwangsehen mit Han-Chinesen. Die Prüfung des CEDAW ist aber noch nicht abgeschlossen und entsprechend sind noch keine Empfehlungen öffentlich.
Ist der CEDAW ein wirkungsvoller Mechanismus zur Verbesserung der Situation von Frauen und Mädchen in China?
Im Rahmen seiner Überprüfung von Länderberichten zieht der Ausschuss die Länder zur Rechenschaft über die Einhaltung und Umsetzung der UN-Konvention für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau. Doch es besteht kein Durchsetzungsmechanismus, der CEDAW kann lediglich Empfehlungen abgeben. Dennoch sind diese Überprüfungen ein politisches Mittel, um die Situation von Frauen und Mädchen in China in den Mittelpunkt der internationalen Aufmerksamkeit zu rücken. Das ist eine besondere Chance, denn geschlechtsspezifische Diskriminierung und Gewalt in China auf der einen Seite, sowie feministische Bewegungen in China auf der anderen Seite werden in der weltweiten Öffentlichkeit selten thematisiert.
Erfahren Sie im Video mit der Überlebenden Gulbahar Haitiwaji mehr über die Situation von Frauen in chinesischen Zwangslagern.