27. März 2023

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Auch in der Schweiz gilt: Profit über Menschenrechten

No Business without Human Rights

Bild: "No Business without Human Rights" - dies forderte die GfbV gemeinsam mit Sayragul Sauytbay bereits 2020 an einem Podium zur Menschenrechtslage in China. Sayragul Sauytbay wurde im chinesischen Zwangslager festgehalten und macht seit ihrer Freilassung auf die Menschenrechtslage aufmerksam. / GfbV

Ungeachtet der dramatischen Menschenrechtslage in China hält das Unternehmen Volkswagen an seiner Produktion in Ostturkestan fest. Uigur:innen und solidarische Gruppen fordern seit Langem: VW muss sein Werk in Ostturkestan schliessen. Doch auch in der Schweizer Politik besteht Handlungsbedarf.

Der deutsche Autobauer Volkswagen betreibt in China mehrere Produktionsstätten. Darunter auch in Ostturkestan, einer Region, in der Uigur:innen und ethnische Minderheiten durch das chinesische Regime brutale Unterdrückung erfahren: So müssen in der Region tausende Menschen in sogenannten Arbeitsprogrammen und Internierungslagern Zwangsarbeit leisten. Eines dieser Lager steht in unmittelbarer Nähe der Produktionsstätte des Autobauers in Urumqi, der Hauptstadt der autonomen Region Ostturkestan.

Ralf Brandstätter, VW-Vorstandsmitglied, besuchte Mitte März nun nach langem Schweigen das Werk in Urumqi und liess sich danach zu der Aussage hinreissen, dass er mit den Mitarbeiter:innen gesprochen und «keine Widersprüche» festgestellt habe. Im Kontext von Ostturkestan, in welchem aufgrund wiederholter Einschüchterungen gegenüber Arbeitskräften keine unabhängigen Überprüfungen mehr durchgeführt werden, hat ein solches Statement kein Gewicht. Schlicht schädlich ist aber seine Aussage, dass die Mitarbeiter:innen ihm gegenüber sinngemäss betont hätten, sie seien «froh» für VW zu arbeiten. «Damit reproduziert Herr Brandstätter die Propaganda der chinesischen Regierung, welche die Zwangsarbeit als Armutsbekämpfung darstellt», sagt Fabienne Krebs, Programmleiterin Wirtschaft & Menschenrechte bei der GfbV.


Verantwortung liegt auch in der Schweiz

Doch auch die Politik ist gefordert: Die unternehmerische Eigenverantwortung allein reicht offensichtlich nicht aus, um Lieferketten zu schaffen, die frei von Zwangsarbeit sind. Über die letzten Jahre häuften sich Medienberichte und Studien, welche Verbindungen globaler Lieferketten in die Region Ostturkestan und zu Unternehmen aufzeigten, welche sogenannte «Arbeitstransfers» in Anspruch genommen hatten. Dass bei diesen Transfers von Zwangsarbeit ausgegangen werden muss, legte die GfbV in ihren Empfehlungen für Unternehmen im Jahr 2021 dar und forderte, dass das SECO Richtlinien für Unternehmen veröffentliche. «Doch bis anhin drückt sich die Schweiz vor ihrer eigenen Verantwortung – es gibt keine Massnahmen, um zu verhindern, dass durch Zwangsarbeit hergestellte Produkte aus Ostturkestan in die Schweiz gelangen», sagt Fabienne Krebs.

Deshalb begrüsste die GfbV, dass der Parlamentarischen Initiative von Corina Gredig (GLP/ZH) im Jahr 2022 von den Rechtskommissionen beider Räte Folge gegeben wurde. Diese fordert, dass Schweizer Unternehmen neben Kinderarbeit und Konfliktmineralien auch in Bezug auf Zwangsarbeit eine Sorgfaltsprüfung durchführen müssen. Nun hat die Rechtskommission des Nationalrats beschlossen, ihre Arbeiten zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative bis auf Weiteres zu sistieren.

«Die nun sistierte Vorlage wäre ein erster kleiner Schritt in die richtige Richtung», sagt Fabienne Krebs von der GfbV. Statt Menschenrechte in der Wirtschaft verbindlich zu verankern, priorisiert die Schweiz weiter den Profit und die Eigenverantwortung der Unternehmen. Sie spielt auf Zeit, um griffige Regulierungen so lange wie möglich hinauszuzögern. Doch mit der Sistierung entstehen auch neue Chancen, denn «im Vergleich mit bestehenden Konzernverantwortungsgesetzen in anderen europäischen Staaten und neusten Vorschlägen auf Ebene der EU würde die Parlamentarische Initiative klar zu kurz greifen, da sie mit keinerlei Aufsicht, Sanktionsmöglichkeit oder Haftung verbunden wäre».

«Wir erhoffen uns nach dem Entscheid, die parlamentarische Initiative zu sistieren, dass in naher Zukunft ein umfassendes Konzernverantwortungsgesetz diskutiert und entsprechende Massnahmen ergriffen werden damit die Schweiz nicht zum sicheren Hafen für Produkte aus Uigurischer Zwangsarbeit wird», sagt Dolkun Isa vom Weltkongress der Uiguren. «In Ostturkestan werden tagtäglich Uigur:innen in unmenschlichen Umerziehungslagern zur Arbeit an Produkten gezwungen, die durch globalisierte Lieferketten den Weg in die ganze Welt finden. Während die USA ein Importverbot verabschiedet hat und in der EU mehrere Gesetzesentwürfe ausgearbeitet werden, bleibt die Schweiz weiter untätig.»

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