30. Mai 2023

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Klimagerechtigkeit für indigene Gemeinschaften

Die Klimaallianz hat ihr neues Positionspapier «Klimagerechtigkeit» publiziert. Darin fordert sie, dass die Schweizer Politik endlich Verantwortung übernimmt. Ein Ja zum Klimaschutzgesetz am 18. Juni ist ein erster Schritt. Denn für eine gerechte Lösung ist es höchste Zeit: Bereits heute sind diejenigen, welche die Klimakrise nicht verursachen, am meisten von deren Folgen betroffen – und im Fall indigener Gemeinschaften auch von den heutigen Lösungsansätzen.

Indigene Gemeinschaften sind von der Klimakrise und ihren Folgen überdurchschnittlich betroffen. Steigende Temperaturen und ausfallende Ernten, klimatische Extremsituationen und die Zerstörung ganzer Gebiete machen es indigenen Gemeinschaften oft unmöglich, ihre Lebensweisen fortzuführen. Doch nicht nur die Folgen, sondern auch die Treiber der Klimakrise bedrohen indigene Gemeinschaften: Die industrielle Rohstoffausbeutung und die Gewinnung fossiler Energien haben tiefgreifende Folgen: Indigenes Land wird zerstört und dort lebende Gemeinschaften gewaltsam vertrieben. Schliesslich sind indigene Gemeinschaften auch von gewissen Lösungsansätzen überdurchschnittlich betroffen: Denn auch die Ressourcen für die grüne Energie müssen abgebaut und nutzbar gemacht werden. Und der Rohstoffabbau folgt demselben Muster wie jener anderer natürlicher Ressourcen: Indigene Gebiete werden ausgebeutet, die Umwelt zerstört und indigene Gemeinschaften unter Druck gesetzt – im Namen der grünen Energie.

Ein Beispiel ist das russische Unternehmen Nornickel. Das Unternehmen fördert Nickel, das unter anderem für Batteriespeicher und damit für sogenannte grüne Energieerzeugung benötigt wird. Doch diese Produktion hat 2020 durch ein Dieselleck auf der Taimyr Halbinsel dramatische Umweltschäden an der umliegenden Tundra verursacht, Flüsse vergiftet und den dort lebenden indigenen Gemeinschaften d ihre Lebensgrundlage genommen. Das Unternehmen behauptet nun, seine Lektion gelernt zu haben. Indigene Gemeinschaften sollen ihr Mitspracherecht ausüben können und in Entscheide über ihre Gebiete miteinbezogen werden. Dies ist schlicht gelogen: «Diejenigen, die unbequeme Fragen über Verletzungen von Vorschriften stellen und Probleme ansprechen, werden einfach ausgeschlossen», sagt Pavel Sulyandziga, Präsident der unabhängigen Indigenen-Organisation Batani Foundation.

Auch andere Projekte, die einen grünen Anstrich bekommen, sind oftmals nicht so grün wie es auf den ersten Blick aussieht: Die Eisenbahnlinie Ferrogrão, die im brasilianischen Amazonas entstehen soll, soll eine klimafreundliche Transportform ermöglichen – allerdings unter anderem für Soja, dessen Produktion oft der Amazonas weichen muss. Zudem sollen die Schienen indigenes Territorium und einen Nationalpark durchqueren und werden verheerende Folgen für die indigenen Gemeinschaften, die Biodiversität und das Klima haben. Und auch in europäischen Staaten entstehen Infrastrukturprojekte, die als Beispiele für grüne Wirtschaft beworben werden: Das Unternehmen Fosen Vind hat auf der norwegischen Halbinsel Fosen 150 Windturbinen gebaut. Deren Bau und Betrieb stellen laut dem Obersten Gericht Norwegens eine Missachtung der Rechte der dort lebenden indigenen Sámi dar. Dennoch drehen sich die Windräder weiter – im Namen der grünen Wende.

Diese Beispiele machen deutlich: Die Lösungen für die Klimakrise dürfen nicht auf Kosten der indigenen Gemeinschaften gehen, es braucht eine grundlegende Transformation und eine gerechte Transition. Und dafür braucht es auch die Schweizer Politik: Denn die Unternehmen und Projekte, die indigene Gebiete ausbeuten, haben oft direkte Verbindungen zur Schweiz als internationaler Rohstoffhandelplattform und globalem Finanzplatz – so auch Nornickel, Fosen Vind und Ferrogrão. Nornickel vertreibt seine gesamte russische Produktion über ihre in Zug ansässige Tochtergesellschaft Metal Trade Overseas AG nach Europa, China oder in die USA. Der Berner Energiekonzern BKW hat in die Windkraftanlage auf Fosen investiert. Und für die Finanzierung der Eisenbahnlinie haben auch Schweizer Finanzinstitute Interesse angemeldet. Deshalb fordert die Klimaallianz unter anderem auch, dass die Schweiz auch im Ausland zur CO2-Minderung beitragen soll – ohne dies dem eigenen Inlandziel anzurechnen. Für eine gerechte Transformation muss also auch über nationalstaatliche Grenzen hinaus geschaut werden. Denn die Verantwortung der Schweiz macht nicht an diesen Grenzen halt. Ein Ja zum Klimaschutzgesetz am 18. Juni ist ein erster, wichtiger Schritt.

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