09. Januar 2025

Medienmitteilung

Schweiz-China: 75 Jahre bilaterale Beziehungen - kein Grund zum Feiern!

Am 17. Januar feiern die Schweiz und die Volksrepublik China das 75-jährige Bestehen ihrer bilateralen Beziehungen. Angesichts der gravierenden Menschenrechtslage in der Volksrepublik China sehen die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und ihre Partnerorganisationen jedoch keinen Grund zum Feiern. Ein Rückblick in die Geschichte zeigt, wie sich der Fokus der Beziehungen zunehmend verschob: Von Solidarität gegenüber den vor chinesischer Repression geflohenen Tibeter:innen und Uigur:innen, hin zu einer Dominanz der Wirtschaftsinteressen.

«Es gibt keinen Grund zum Feiern!» Das sagt Arya Amipa vom Verein Tibeter Jugend in Europa angesichts der angekündigten Feierlichkeiten am 17. Januar. Laut dem Bundesrat steht dabei die «Vielfältigkeit der Beziehungen», wie auch Kultur und Tourismus im Fokus. «Die katastrophale Menschenrechtssituation in der Volksrepublik China und die systematische Unterdrückung der tibetischen und uigurischen Kultur werden dabei ignoriert» sagt Amipa weiter. Seit der Ratifizierung des bilateralen Freihandelsabkommens vor zehn Jahren haben sich die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Volksrepublik China intensiviert. In diesen zehn Jahren hat sich gleichzeitig die Menschenrechtslage in der Volksrepublik China massiv verschlechtert, wie die Internierung von über einer Million Uigur:innen in sogenannten «Umerziehungslagern» zeigt. Während sich wichtige Handelspartner der Schweiz wie die Länder der EU und die USA als Reaktion darauf zunehmend von China distanzieren, strebt die Schweiz eine Erweiterung des Freihandelsabkommens an – und feiert zudem am 17. Januar das Jubiläum der bilateralen Beziehungen. Selina Morell, Programmleiterin bei der GfbV, fordert: «Die Schweizer Regierung muss die Menschenrechte bei der geplanten Erweiterung des Freihandelsabkommens substanziell miteinbeziehen. Sie darf die wirtschaftlichen Profite nicht über die Menschenrechte stellen».

Fragwürdige China-Politik des Bundes

Die engen wirtschaftlichen Beziehungen haben Auswirkungen im Inland: Bereits 2018 wies die GfbV mit einem Bericht darauf hin, dass die Rechte der Tibeter:innen und Uigur:innen im Exil zunehmend unter Druck kommen. Je stärker die wirtschaftliche Bedeutung der Volksrepublik China in der Schweiz zugenommen hat, desto weniger Unterstützung spüren die tibetischen und uigurischen Gemeinschaften hierzulande – ein deutlicher Rückschritt im Vergleich zur offenen Aufnahme der ersten tibetischen Flüchtlinge in den 1960er Jahren.

Der Bundesrat scheut sich vor Massnahmen, die China verärgern könnten: Verfolgte die Schweizer Aussenpolitik von 2021-2024 noch eine eigenständige China-Strategie mit stellenweise durchaus kritischen Äusserungen, wird diese nicht weitergeführt. Stattdessen wird China zusammen mit anderen asiatischen Ländern in einer breiten Strategie behandelt. Auch gegen eine Übernahme der thematischen Sanktionen der EU als Folge der Menschenrechtsverletzungen an den Uigur:innen hat sich der Bundesrat nach langem Zögern entschieden. Wird der Bundesrat auf die gravierende Menschenrechtslage in China angesprochen, verweist er auf den jährlich stattfindenden Menschenrechtsdialog, bei welchem er die Menschenrechte bilateral mit der chinesischen Regierung anspricht. «Ich bezweifle, dass dieser Dialog vor Ort Wirkung zeigt. Er dient beiden Regierungen als Feigenblatt», sagt Rizwana Ilham, Präsidentin des Uigurischen Vereins Schweiz. Wie bereits in früheren Jahren, in denen Peking den Dialog aus Reaktion auf kritische Äusserungen der Schweiz boykottierte, fand der Dialog auch 2024 nicht statt.

Hintergrundinformationen

Die Annäherung der Schweiz an die Volksrepublik China macht sich für die tibetische und uigurische Gemeinschaften hierzulande in mehreren Weisen bemerkbar, wie der Bericht  der GfbV 2018 feststellte. Zum einen wurde die freie Meinungsäusserung bei Staatsbesuchen eingeschränkt: Chinakritische Demonstrationen auf dem Bundesplatz waren beispielsweise beim Besuch von Xi Jinping 2017 verboten. Die Delegation von regimetreuen Chines:innen durfte hingegen eine Willkommensdemonstration auf dem Bundesplatz abhalten. Die Polizei ging gleichzeitig hart gegen die Tibeter:innen vor, die sich trotz Demo-Verbot am Nachmittag versammelten. Zum anderen gelangen die Gemeinschaften auch hierzulande vermehrt durch Akteure der chinesischen Regierung unter Druck. Mittels verschiedener Praktiken der Transnationalen Repression wie Spionage, Drohung und Einschüchterung versucht China, Personen, die sich kritisch gegenüber der Volksrepublik China äussern, zum Schweigen zu bringen.

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