28. Juni 2024

Medienmitteilung

Bundesrat Guy Parmelin reist nach China: Rote Linie für Menschenrechte überreicht

Bundesrat Guy Parmelin reist am Montag nach China, um das Freihandelsabkommen mit der Volksrepublik weiterzuentwickeln. Die Menschenrechte werden in der Medienmitteilung des Bundes zur anstehenden Reise mit keinem Wort erwähnt. Das ist bedenklich und zeigt, dass der Bundesrat wirtschaftliche Interessen einmal mehr über die Menschenrechte stellt. Gemeinsam mit ihren uigurischen und tibetischen Partnerorganisationen fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker eine klare rote Linie: Keine Erweiterung des Freihandelsabkommen ohne Einbezug der Menschenrechte! Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, haben die GfbV und ihre Partner dem Seco vor Parmelins Abreise eine symbolische rote Linie überreicht.

Am 1. Juli 2024 wird Bundesrat Guy Parmelin eine fünftägige Wirtschafts- und Wissenschaftsmission nach China anführen. Es ist der zehnte Jahrestag des Inkrafttretens des Freihandelsabkommens zwischen der Schweiz und der Volksrepublik China (VRC). Auch dieses Abkommen erwähnt die Menschenrechte mit keinem Wort. Nun droht die Schweiz diesen Fehler zu wiederholen. Statt über Folter, Zwangsarbeit und kulturelle Auslöschung zu sprechen, will die Schweizer Delegation in China lieber über Wirtschafts- und Wissenschaft diskutieren. Dies, obschon sich die Menschenrechtssituation in der Volksrepublik China (VCR) in den vergangenen Jahren stark zugespitzt hat, insbesondere für Personen der tibetischen und uigurischen Gemeinschaften.

«Trotz der gravierenden Menschenrechtssituation will die Schweiz jetzt aus wirtschaftlichen Interessen die Beziehungen zur China noch enger knüpfen», kritisiert Selina Morell, Programmleiterin China der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). Dabei gelten die Menschenrechte, wie sie in der Bundesverfassung verankert sind, auch für die Verhandlung von Freihandelsabkommen. Um den Bundesrat an seine Verpflichtung zu erinnern, haben die GfbV, Campax sowie tibetische und uigurische Partnerorganisationen am Dienstag dem Staatsekretariat für Wirtschaft (Seco) eine rote Linie für die kommenden Verhandlungen mit China überreicht: «Die Schweiz muss endlich Verantwortung übernehmen: Eine Erweiterung des Freihandelsabkommens ohne Einbezug der Menschenrechte wird dieser Verantwortung nicht gerecht», so Selina Morell.

China tritt Menschenrechte mit Füssen

Die Schweiz ist das einzige Land auf dem europäischen Kontinent, das ein Freihandelsabkommen mit China abgeschlossen hat. Die engsten Handelspartner der Schweiz in Europa sowie die USA ergreifen zunehmend Sanktionen gegen die chinesische Regierung, um sie für ihre Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen.

Repression gegen die tibetische Gemeinschaft: Bei Protesten gegen den geplanten Bau eines Wasserkraftwerkes, für dessen Inbetriebnahme mehrere Dörfer und tibetische Klöster von grosser historischer Bedeutung überflutet werden sollen, wurden im Frühjahr 2024 über tausend Menschen, darunter Nonnen und Mönche, verhaftet. Bis zu einer Million tibetische Schülerinnen und Schüler ab 4 Jahren – das sind über 80 Prozent aller schulpflichtigen tibetischen Kinder – werden gezwungen, Internatsschulen fern von ihren Familien zu besuchen, wo ihnen nur die chinesische Sprache und Kultur vermittelt wird.

Repression gegen die uigurische Gemeinschaft in Ostturkestan (chin. Xinjiang): Weltweit Schlagzeilen machte in den vergangenen Jahren die Inhaftierung von etwa einer Million Menschen in so genannten “Umerziehungslagern”, wo sie indoktriniert und teilweise gefoltert und vergewaltigt werden. Während jüngst einige dieser Lager aufgrund des internationalen Drucks geschlossen wurden, wird die uigurische Bevölkerung auch ausserhalb überwacht. Ehemalige Insass:innen der Lager werden unter Hausarrest gestellt, zu langjährigen Haftstrafen verurteilt oder müssen Zwangsarbeit leisten. Zudem ist dokumentiert, wie die chinesische Regierung durch Zwangssterilisationen und weitere Massnahmen zur Geburtenkontrolle bei uigurischen Frauen eine dramatische Änderung der demografischen Zusammensetzung in der Region herbeiführt.

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