24. September 2020
Medienmitteilung
Motion zur Ausweitung des Umweltschutzgesetzes eingereicht – zum Schutz des Amazonas
Mit einer Motion beauftragt Nationalrätin Christine Badertscher (GP-BE) den Bundesrat heute, den Import von Fleisch und Fleischerzeugnissen dem Artikel 35 des Umweltschutzgesetzes zu unterstellen und so zum Schutz des Amazonas beizutragen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker unterstützt diesen Vorstoss, denn Viehwirtschaft ist für rund 80 Prozent der Regenwaldzerstörung in den Amazonas-Ländern verantwortlich und somit der mit Abstand grösste Faktor in dieser Region.
Im Herbst letzten Jahres nahm der Bundesrat Anpassungen am Artikel 35e des Umweltschutzgesetzes (USG) vor. Der Artikel stellt nun Anforderungen an den Holzhandel bezüglich Nachhaltigkeit, Transparenz und Sorgfaltspflicht. Der Gesetzestext hält zudem fest, dass – in Übereinkunft mit internationalen Standards – weitere Rohstoffe und Produkte in den Artikel aufgenommen werden können, sollte deren Anbau, Abbau oder die Herstellung die «Umwelt erheblich belasten».
In einer Interpellation (20.3350) richtete sich die Nationalrätin Christine Badertscher bereits in der Sommersession an den Bundesrat und erkundigte sich nach weiteren Produkten, bei denen der Bundesrat Handlungsbedarf sehe. Der Bundesrat anerkannte in seiner Antwort auf die Interpellation, dass die illegale Abholzung von Regenwald erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt habe. Er räumte aber ein, bislang keine Anforderungen an das Inverkehrbringen von weiteren Rohstoffen und Produkten wie beispielsweise Fleisch gestellt zu haben.
Keine Fleischimporte aus umweltbelastender Produktion
Mit einer entsprechenden Motion beauftragt heute Nationalrätin Christine Badertscher den Bundesrat, auf der Basis des Artikels 35e des Umweltschutzgesetzes und im Rahmen internationaler Standards eine Verordnung zum Inverkehrbringen von Fleisch und Fleischerzeugnissen auszuarbeiten. Mit dieser Ausweitung des Artikels soll sichergestellt werden, dass der Import von Fleisch verboten wird, dessen Produktion die Umwelt erheblich belastet oder die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen erheblich gefährdet. Insbesondere soll der Import von Fleisch und Fleischerzeugnissen einer Sorgfaltspflicht gemäss Art. 35f USG und Rückverfolgbarkeit gemäss Art. 35g USG unterliegen.
Wirtschaftliche Interessen im Gleichgewicht mit den Menschenrechten
Nationalrätin Badertscher argumentiert in der Motion, die Ausweitung des Art. 35 USG auf Fleisch erfolge im Sinne einer kohärenten Schweizer Aussenpolitik, die Umwelt-, und Menschenrechtsfragen ebenso gewichte wie wirtschaftliche Interessen. Zudem stehe die Ausweitung des USG im Einklang mit internationalen Abkommen, allen voran dem Pariser Klimaabkommen, der UN-Biodiversitätskonvention, der UN-Erklärung über die Rechte Indigener Völker, der Konvention 196 über die Rechte Indigener und der UN-Deklaration über die Rechte der Kleinbäuerinnen und -bauern.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) unterstützt die Motion: Die Produktions- und Lieferketten von Fleisch insbesondere aus Brasilien sind häufig undurchsichtig und kompliziert“, sagt Julia Büsser, Kampagnenleiterin bei der GfbV. „Darum lässt sich bei importiertem Fleisch nicht ausschliessen, dass für die Viehwirtschaft Regenwald zerstört wurde, indigene Gemeinschaften von ihrem Land vertrieben und Menschenrechts- und Umweltaktivisten bedroht oder gar ermordet wurden.»
Die Verantwortung der Schweiz
Im Jahr 2019 importierte die Schweiz rund 360 Tonnen Rindfleisch aus Brasilien. Das Freihandelsabkommen zwischen der EFTA und den Mercosur-Staaten ist nur akzeptabel, wenn die Schweiz ihre Pflicht wahrnimmt und sicherstellt, als Abnehmerin von brasilianischem Fleisch nicht zur weiteren Zerstörung des Amazonas beizutragen Denn mit dem Abkommen wird sich die Wirtschaftsbeziehung zwischen der Schweiz und den südamerikanischen Ländern intensivieren.
Der Amazonas brennt
Allein in Brasilien wurden diesen Sommer pro Stunde mehr als 120 Fussballfelder Regenwald zerstört. Noch nie seit Aufzeichnungsbeginn wurde so viel brasilianischer Amazonas zerstört wie in den ersten sechs Monaten 2020. Der September 2020 weist 84 Prozent mehr Brennpunkte auf als derselbe Monat im letzten Jahr.
Neben dem Regenwald kommen auch angrenzende wertvolle Vegetationszonen durch die Feuer stark unter Druck: Sowohl die tropischen Savannen Cerrado als auch das Sumpfgebiet Pantanal brennen wie noch nie.
Der Erhalt der Regenwälder und weiterer Vegetationszonen weltweit ist im Interesse uns aller. Wird die Zerstörung nicht jetzt gestoppt, versagt der Regenwald als Regulator des globalen Klimas – mit fatalen Folgen für alle Länder.