11. Oktober 2021

Medienmitteilung

Gerichtsurteil: Windkraftanlage in Norwegen ist rechtswidrig – Investitionen der BKW betroffen

Das höchste norwegische Gericht Høyesterett stellt in seinem heutigen Urteil einstimmig fest, dass die Rechte der Südsami-Gemeinschaften durch den Bau der Windkraftanlage Fosen Vind verletzt wurden. Mitinvestorin der Windkraftanlage ist auch die BKW. Die betroffene Sami-Rentierzuchtgemeinschaft und die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) sind erfreut über dieses Urteil. Die GfbV wertet es als Signal an die Energiebranche, dass auch bei erneuerbaren Energie-Projekten in Europa die Rechte der indigenen Gemeinschaften respektiert werden müssen.

Die Sami-Rentierzüchtergemeinschaft Åerjel Fosen Njarke Sijte wehrte sich seit Beginn gegen den Bau der Windkraftanlage Fosen Vind. Ein Teil der Anlage wurde auf einer ihrer wichtigsten Rentier-Winterweiden errichtet. Dies stellt nach Ansicht der Gemeinschaft eine Verletzung ihrer völkerrechtlichen Garantien, insbesondere des Art. 27 des internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte der UNO dar. Darin gibt ihnen das höchste norwegische Gericht Høyesterett nun recht. Im heutigen Urteil argumentiert das Gericht, durch die Windkraftanlage in Storheia sei die Rentierzucht der Sami-Gemeinschaft in ihrer Existenz gefährdet. Das sei deshalb eine klare Verletzung ihrer Rechte und die Betriebs-Konzession entsprechend ungültig. Konkrete Massnahmen schlägt es nicht vor, stattdessen ist nun das Energiedepartement am Zug.

«Die GfbV ist erfreut über den Entscheid», sagt GfbV Kampagnenleiterin Tabea Willi. «Das Urteil ist ein Signal, dass die Rechte der Indigenen auch bei erneuerbaren Energieprojekten in Europa geschützt werden müssen.». Der Fall schafft einen Präzedenzfall in Norwegen und beeinflusst dadurch sowohl weitere Windkraftanlagen als auch Rohstoffprojekte auf Rentiergebieten. Welche Folgen das heute gefällte Gerichtsurteil für die Sami-Gemeinschaften und Fosen Vind hat, wird nun vom Energiedepartement ausgearbeitet. Die GfbV fordert vom norwegischen Staat, dass sofort mit dem Rückbau der Anlagen und der Renaturierung begonnen wird und in allen künftigen Projekten die Rechte der Sami respektiert werden. Von der BKW erwartet die GfbV, dass sie ihren Einfluss als Mitinvestorin der Windkraftanlage nutzt und den Rückbauprozess und die Renaturierung aktiv vorantreibt.

Der Schaden ist angerichtet

Vor einem Monat kündigte der Berner Energiekonzern BKW, Mitinvestor von Fosen Vind, erste Schritte in Richtung solidere menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung und Schutz indigener Rechte an. Auslöser war das Schlichtungsverfahren mit der GfbV vor dem Schweizer Kontaktpunkt (NKP) für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen. Sowohl dieses Verfahren als auch die norwegischen Gerichtsverfahren hatten jedoch keinerlei Einfluss auf den Baufortschritt des Windkraftprojekts. Da das norwegische Rechtssystem in derartigen Fällen keine aufschiebende Wirkung vorsieht, konnte durch die Einsprachen nicht verhindert werden, dass die riesige Windkraftanlage fertiggestellt und im August dieses Jahres offiziell eröffnet wurde.

Die betroffenen Sami-Gemeinschaften spüren derweilen bereits die starken negativen Auswirkungen der Windturbinen auf die Rentierzucht: Die Tiere meiden wegen den rotierenden Turbinen das Gelände weiträumig. Die GfbV fordert, dass Schweizer Investorinnen auch bei erneuerbaren Energieprojekten und Rohstoffprojekten im globalen Norden eine seriöse menschenrechtliche Sorgfaltsprüfung durchführen und das in internationalen Konventionen verankerte Recht der indigenen Gemeinschaften auf free, prior and informed consent (FPIC) einhalten.

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