29. Oktober 2018
Medienmitteilung
Sorge um Minderheitenrechte in Sri Lanka und Brasilien
Mit grosser Sorge nimmt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) die politischen Entwicklungen in Sri Lanka und in Brasilien zur Kenntnis. Sri Lankas Präsident Maithripala Sirisena hat am Freitag den bisherigen Ministerpräsidenten handstreichartig abgesetzt und durch den mutmasslichen Kriegsverbrecher Mahinda Rajapaksa ersetzt. In Brasilien setzte sich der rechtsgerichtete Jair Bolsonaro in der Wahl durch. Insbesondere indigene Gemeinschaften sind nun besorgt, dass positiven Errungenschaften seit dem Ende der Militärdiktatur wieder rückgängig gemacht werden. Die GfbV befürchtet, dass in beiden Ländern die Gewalt gegenüber Minderheiten respektive Indigenen massiv zunehmen wird und fordert das Aussendepartement auf, mit klaren Worten die Einhaltung der Minderheitenrechte und Rechtsstaatlichkeit einzufordern.
Sri Lanka befindet sich derzeit in einer tiefen politischen Krise. Am Freitagabend hat Präsident Maithripala Sirisena völlig überraschend den ehemaligen Präsidenten und mutmasslichen Kriegsverbrecher Mahinda Rajapaksa zum Ministerpräsidenten ernannt. Die Absetzung des bisherigen Ministerpräsidenten Ranil Wickramasinghe verletzt die Verfassung. Damit das Parlament nicht Gegensteuer geben konnte, hat der Präsident das Parlament bis zum 16. November schlicht aufgelöst.
Der Schock in der Öffentlichkeit sitzt tief. Rajapaksa-Anhänger haben in der Nacht auf Samstag mit Feuerwerken auf den Strassen gefeirt. Gleichzeitig wurden die staatlichen Medien besetzt, in mindestens einen Fall hat sich ein regelrechter Mob Zugang zu den Büros eines Fernsehsenders verschafft. Bei Ausschreitungen zwischen Rajapaksa-Anhänger und den Sicherheitspersonals eines Ministers ist es bereits zu einem Toten gekommen.
Die Angst ist gross, dass sich die Gewalt ausweiten wird. Politisch aktive Personen und Medienschaffende haben grosse Angst, Ziel des Rajapaksa-Regimes zu werden, wie sie es schon waren, als Mahinda Rajapaksa Präsident war. Besonders gefährdet sind die Aktivistinnen und Aktivisten tamilischer Herkunft.
Amazonas und seine Bewohner in Gefahr
Ähnlich erschüttert zeigt sich die GfbV von der Wahl des rechtsextremen Jair Bolsonaro zum neuen Präsidenten von Brasilien. Bolsonaro will die Territorien der indigenen Völker systematisch für Industrie, Rohstoffsuche und Großprojekte öffnen. Deshalb steht der Schutz von Amazoniens Wäldern vor der größten Herausforderung der vergangenen Jahrzehnte. Ohne einen wirksamen Schutz der Wälder sind ihre indigenen Bewohner akut in ihrem Überleben bedroht. Zudem hätte die Waldzerstörung massive Auswirkungen auf die Artenvielfalt und würde den Klimawandel anheizen.
Insgesamt beanspruchen indigene Gemeinschaften derzeit den Schutz von mehr als 1.306 Territorien. Die Verfassung von 1988 spricht den indigenen Völkern das Recht zu, ihr traditionell genutztes Gebiet zu demarkieren und so vor der Zerstörung zu schützen. Das Verfahren zur Anerkennung der Territorien hingegen stockt. Mehr als 840 Verfahren sind nicht abgeschlossen, in mehr als 530 davon wurden noch nicht einmal mit der Arbeit begonnen. Nun droht ein massiver Rückschritt: Die indigenen Gemeinschaften fürchten, dass der Demarkierungsprozess unter Präsident Bolsonaro gestoppt wird und die bereits erteilten Territorien der Rohstoffnutzung preisgegeben werden.
Die GfbV befürchtet, dass in beiden Ländern die Gewalt gegenüber Minderheiten respektive Indigenen massiv zunehmen wird und fordert das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten auf, von beiden Ländern die Einhaltung der Minderheitenrechte und Rechtsstaatlichkeit einzufordern.