23. Juli 2020
Medienmitteilung
Brasilien: Illegale Abholzung stoppen – und zwar langfristig!
Seit dem Amtsantritt von Präsident Jair Bolsonaro nimmt die Abholzung des Amazonas massiv zu. Mit einer gemeinsamen Aktion richten die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) und die brasilianische Indigenen-Dachorganisation APIB (Articulação dos Povos Indígenas do Brasil) sowie weitere Partner einen Appell an die brasilianische Regierung. Weil das kurzfristige Verbot der Brandrodung das Problem der Zerstörung nicht nachhaltig löst, braucht es jetzt langfristige Massnahmen zum Schutz des Amazonas und der Rechte der Indigenen – so lautet die Forderung.
„Die Zerstörung des brasilianischen Amazonas hat ein neues Ausmass erreicht“, sagt Julia Büsser, Kampagnenverantwortliche bei der GfbV. Alleine im Juni 2020 wurde pro Stunde eine Fläche von 140 Fussballfeldern abgeholzt – das Jahr 2020 droht zum schlimmsten Jahr für den Amazonas zu werden. „Für die GfbV ist klar: Das kürzlich erlassene Dekret zum Verbot von Brandrodung ist nur eine Symptombekämpfung und löst das Problem der illegalen Abholzung nicht“, so Julia Büsser. „Deshalb muss die brasilianische Regierung jetzt einen konkreten Massnahmenplan entwerfen, um die Entwaldung langfristig zu bekämpfen und die Rechte der Indigenen zu garantieren. Nur so kann der Amazonas als Lebensraum der indigenen Bevölkerung und als wichtiger CO2-Speicher der Erde erhalten werden.“
Um dieses Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen, starten APIB, die GfbV und weitere Partner jetzt eine Social-Media-Aktion: Die Menschen werden dazu aufgerufen, in den sozialen Medien unter dem Hashtag #HandsOffTheAmazon ihr Foto mit einem Baum zu posten. Die Fotos werden in einigen Wochen der brasilianischen Botschaft in der Schweiz und weiteren Ländern eingereicht.
Dies sind die Forderungen an die brasilianische Regierung:
- Die brasilianische Regierung muss konkrete Meilensteine festlegen zur langfristigen Bekämpfung der illegalen Abholzung des Amazonas und zum Schutz der Rechte indigener Gemeinschaften.
- Die Territorien der Indigenen müssen mittels Demarkierung geschützt werden, wie in der brasilianischen Verfassung vorgeschrieben.
- Die brasilianischen Umweltbehörden müssen gestärkt werden.
- Die Herkunft von Produkten wie Rindfleisch, Soja, Holz und Mineralien muss rückverfolgt werden können, um sicherzustellen, dass sie nicht aus illegal abgeholzten Gebieten stammen.
APIB, die GfbV und weitere Partner fordern zudem die Schweiz und die internationale Gemeinschaft dazu auf, politischen und wirtschaftlichen Druck auf Brasilien ausüben, um die massive Umweltzerstörung und die Verletzungen der Rechte Indigener zu stoppen. Das aktuelle Ausmass der Zerstörung des Amazonas zeigt einmal mehr: Ein Freihandelsabkommen mit Brasilien ist nur dann tragbar, wenn Indigenenrechte und der Schutz der Umwelt konkret und mit strengen Bedingungen im Nachhaltigkeitskapitel verankert sind. „Das Mercosur-Abkommen erleichtert Holzfällern, Goldgräbern und Landbesetzern den Zutritt zum Amazonas, und fördert damit die illegale Abholzung“, betont Kretã Kaingang von der Partnerorganisation APIB.
„Nur eine Alibiübung“
Seit seinem Amtsantritt regt Präsident Jair Bolsonaro implizit und explizit zur Zerstörung des Regenwaldes an. Rechtswidrige Rodungen nahmen bereits 2019, im ersten Amtsjahr von Präsident Bolsonaro, um 70 bis 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu. „Vor diesem Hintergrund ist das im Juli 2020 erlassene Dekret zum Verbot von Brandrodung nur eine Alibiübung, um das angeschlagene Image von Brasilien aufzubessern“, sagt Julia Büsser. Sie stellt klar: „An Bolsonaros destruktiver Haltung hat sich nichts geändert“. Das zeigen kontroverse Aussagen des Präsidenten unmittelbar nach Unterzeichnen des Dekrets. „Mit dieser Aktion fordern wir deshalb konkrete Massnahmen, welche die Ursachen der Zerstörung an der Wurzel packen“.
Zuerst Abholzung, dann Feuer
Besonders betroffen von der Abholzung sind die indigenen Gemeinschaften im Amazonas-Regenwald. Während sich in den letzten Monaten die meisten von ihnen in Selbstisolation begaben und versuchten, sich vor dem Corona-Virus zu schützen, wird ihr Lebensraum Stück für Stück zerstört. Illegale Holzfäller und Bauern roden den Wald, um ihn später abzubrennen für Viehzucht, Getreidefelder oder Bergbau. Sie spekulieren darauf, dass die Abholzung nachträglich legalisiert wird. Die weltweite Nachfrage nach Palmöl, Fleisch, Gold und Futtermittel unterstützt diese Entwicklung.