16. Januar 2020

Medienmitteilung

Windenergie-Anlage in Norwegen: Beschwerde gegen die BKW

Die BKW Energie AG (BKW) ist am Bau und Betrieb von Europas grösster Festland-Windenergie-Anlage in Norwegen beteiligt. Aus Sicht der betroffenen Sami-Gemeinschaft und der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) verletzt das im Bau begriffene Projekt auf der Fosen-Halbinsel Landrechte und kulturelle Rechte der betroffenen Südsami und verstösst gegen völkerrechtliche Abkommen und Menschenrechtskonventionen. Da die BKW bisher keine Verhandlungsbereitschaft zeigte, reicht die GfbV heute eine Beschwerde beim Schweizer Kontaktpunkt für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen ein.

Im Westen Norwegens soll eine riesige Windenergie-Anlage entstehen. Die BKW hat zusammen mit vier institutionellen Anlegern einen Anteil von 40 Prozent an der Betreiberin Fosen Vind DA, und zwar über Nordic Wind Power DA, ein von Credit Suisse Energy Infrastructure Partners AG gegründetes europäisches Investorenkonsortium. Die gesamten Investitionskosten belaufen sich auf rund 1,1 Milliarden Euro, welche die drei Partner Statkraft (52,1 Prozent), Nordic Wind Power DA (40 Prozent) und TrønderEnergi (7,9 Prozent) übernehmen.

Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht der BKW genügt nicht

Insgesamt werden bei diesem Projekt in den Jahren 2018 bis 2020 sechs Windparks ans Stromnetz angeschlossen. Storheia ist als eines der betroffenen Gebiete für den grössten der Windparks, für die Sami von grosser Bedeutung. «Die Windanlage bedroht die Rentierzucht und damit unsere Kultur“, sagt Arvid Jåma, Vertreter der betroffenen Südsami-Gemeinschaft. Wegen dem Windprojekt wurde ein grosser Teil des Winter-Weidelandes für Rentiere zerstört. Der Verlust hat wohl zur Folge, dass die letzten verbleibenden Züchterfamilien ihre Lebensgrundlage aufgeben müssen. «Auf unsere Anliegen wurde nicht eingegangen, obwohl wir bereits 2018 in der Schweiz waren und die BKW persönlich dazu aufgefordert haben ihren direkten Einfluss als Investorin zu nutzen, um den Bau der Anlage zu stoppen, bis eine einvernehmliche Lösung mit unserer Gemeinschaft gefunden wird. Dieser Schritt ist nach unseren Kenntnissen ausgeblieben. »

Im Dezember 2018 forderte das Uno-Komitee für die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (CERD) den norwegischen Staat auf, das Bauprojekt zu sistieren, bis eine Lösung mit der betroffenen Südsami-Gemeinschaft gefunden wird. Diese Aufforderung wurde sowohl vom norwegischen Staat wie auch von den Investoren ignoriert. Trotz zunehmender Proteste von Sami-und Umweltorganisationen und laufenden Beschwerden wurde der Bau der Windenergie-Anlage in Storheia im Herbst 2019 fertiggestellt.

Kanton Bern steht in der Verantwortung

Die BKW gehört zu 52,54  Prozent dem Kanton Bern. Somit steht auch der Kanton in der Pflicht, wenn es um die Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht der BKW geht. Dies hat auch der Berner Regierungsrat erkannt. In seiner Antwort auf ein Postulat erachtet er die Anerkennung und Erfüllung von völkerrechtlichen Abkommen als zentral. So stünden insbesondere Unternehmen mit öffentlicher Mehrheitsbeteiligung in der Verantwortung, bei ihren Geschäftstätigkeiten nationale und internationale Vorgaben zu Umweltschutz und Menschenrechten zu wahren. Nach Rücksprache mit der BKW sieht der Regierungsrat jedoch im Fall «Fosen Vind DA» keinen Handlungsbedarf, da sich die BKW an die nationale Gesetzgebung halte. «Der Fall Fosen zeigt exemplarisch, wie wichtig es ist, dass Schweizer Unternehmen ihre Verantwortung für den Respekt von Menschenrechten und Umweltstandards auch gegenüber indigenen Gemeinschaften ernster nehmen», sagt die Grüne Grossrätin Natalie Imboden, welche das besagte Postulat eingereicht hat. «In Norwegen können trotz hängigen Gerichtsverfahren Projekte gebaut werden. Sollten die Beschwerden der betroffenen Südsami-Gemeinschaft erfolgreich sein, so bedeutet das neben dem Reputationsverlust auch finanzielle Risiken. Diese betreffen im Fall BKW auch den Kanton Bern. Hier besteht Handlungsbedarf. »

Energiewende nicht auf Kosten von Indigenen

Am 20.12.2019 wurde das AKW Mühleberg stillgelegt, das von der BKW betrieben wurde. Die BKW wird künftig in alternative Energiequellen investieren. Dazu gehören auch Wind-Anlagen im Ausland. «Angesichts der Klimakrise begrüssen wir die Bereitschaft der BKW, künftig in erneuerbare Energien zu investieren», sagt Angela Mattli, Kampagnenleiterin bei der GfbV. «Zur Nachhaltigkeit gehört aber auch die Wahrung der Menschenrechte. Es darf nicht sein, dass die Energiewende auf Kosten der indigenen Gemeinschaften geht. Das widerspricht dem Prinzip der Klimagerechtigkeit». Weil die BKW bisher keine nachweislichen Schritte unternommen hat, um im Projekt «Fosen Vind DA» ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachzukommen und ihren direkten Einfluss als Investorin für eine einvernehmliche Lösung zu nutzen, hat die GfbV heute eine Beschwerde beim Schweizer Kontaktpunkt (NKP) für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen eingereicht.

Die GfbV will mit ihrer Beschwerde erreichen:

  • dass die BKW ihre internen Richtlinien anpasst und ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflichten verbessert. Neben robusten Ausstiegsklauseln soll sich die BKW bei Investitionsprojekten dem Prinzip des «Free, Prior and Informed Consent» der UNO verpflichten und so die Mitsprache der indigenen Gemeinschaften sicherstellen
  • dass die BKW einen Beschwerdemechanismus einführt, den lokale und indigene Gemeinschaften nutzen können
  • dass die BKW die Landrechte der indigenen Gemeinschaften in künftigen Projekten respektiert

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