COVID-19&Indigene

Wiederholt sich die Geschichte?

2. April 2020

Pandemien sind für jede Gesellschaft schrecklich, aber für indigene Völker können die Auswirkungen verheerend sein. Das hat die Geschichte leider bereits auf tragische Weise gezeigt und ähnliche Gefahren gehen von COVID-19 aus.

Das liegt zunächst daran, dass Indigene aufgrund ihres schwächeren Immunsystems besonders anfällig für Infektionskrankheiten sind. Begeben sich indigene Gemeinschaften in Selbstquarantäne, fehlt es ihnen aber unter Umständen wiederum an Gütern, welche die Gemeinschaften nicht selber herstellen. Oftmals ist der Zugang zu Gesundheitsversorgung sehr eingeschränkt: «Viele indigene Gemeinschaften leben sehr abgelegen. Um das nächste Krankenhaus zu erreichen, müssen sie weite Strecken zurücklegen. Ausserdem leben mehrere Generationen und viele Angehörige auf engstem Raum zusammen – wie zum Beispiel bei den Yanomami in Brasilien», erklärt Julia Büsser, GfbV-Kampagnenleiterin.

Yanomami-Gemeinschaften wohnen buchstäblich unter einem Dach.

Weiter wirkt sich die Pandemie auf die politischen Aktivitäten von Indigenen-Organisationen aus. In Brasilien versuchen indigene Leaderinnen und Leader, die Folgen des Virus für ihre Gemeinschaften abzuwenden, indem sie Veranstaltungen absagen. So haben sie das grösste Indigenen-Treffen Brasiliens, das Acampamento Terra Livre (ATL), abgesagt. «Das ATL ist eines der wichtigsten Treffen für Indigene in Brasilien. Am Treffen nehmen nicht nur Indigene aus dem ganzen Land teil, sondern auch Journalisten, welche den Indigenen mit ihrer Berichterstattung weltweit Gehör verschaffen», so Julia Büsser.

2020 bleiben die Strassen von Brasilia leer: Es wird kein Treffen geben, an dem die Indigenen die feindliche Politik der Bolsonaro-Regierung anprangern können.

Bolsonaro stellt Wirtschaft über Gesundheit

Während sich die Covid-19-Fälle in Brasilien vervielfachen, stellt Bolsonaro die Wirtschaft an erste Stelle. «Wenn man Fußball und andere Dinge verbietet, gerät man in Hysterie. Dieses und jenes zu verbieten, wird die Ausbreitung nicht eindämmen», erklärte Bolsonaro  – eine Ansicht, die von Epidemiologen stark bestritten wird und dem Präsidenten unter der Bevölkerung und Politikern Brasiliens immer mehr starke Kritik einbringt. Bundesstaaten, darunter São Paulo oder Rio de Janeiro gehen nun ohne die Unterstützung des Präsidenten gegen die Pandemie vor. Eine Vertreterin einer brasilianischen NGO bezeichnet die Haltung des Präsidenten als „eine Schande, unsensibel und unverantwortlich – vor allem der indigenen Bevölkerung gegenüber“.

Doch Indigenen-Organisationen in ganz Brasilien sind daran, entsprechende Massnahmen einzuführen, um den Schutz ihrer Gemeinschaften weiter voranzubringen. «Zweifellos gehören wir indigenen Völker zu jenen Gruppen, die angesichts der aktuellen Coronavirus-Pandemie am stärksten gefährdet sind», äussert sich Sonia Guajajara, Generalsekretärin der Dachorganisation der Indigenen APIB  in den sozialen Medien. Deshalb fordert APIB in ihrem Appell  an die brasilianische Regierung u.a. Massnahmen zum Schutz der Indigenen-Territorien vor illegalen Eindringlingen und die Stärkung des Gesundheitssystems für Indigene.

Bei unseren Partnergemeinschaften macht sich derweil Unmut über das zögerliche Handeln seitens der Regierung breit. Bráz Antonio Marquez, Leader der Tupinambá sagt: «Wir halten uns an die Vorschriften der Regierung des Bundesstaates und befinden uns in Quarantäne in unserem Dorf. Aber der Schutz der indigenen Bevölkerung in einer solchen Situation wäre die Aufgabe der Landesregierung, und die hat den Ernst der Lage nicht verstanden. »

Unsere Partnergemeinschaften sind soweit gut aufgehoben. Solche langsamen Reaktionen seitens der Regierung, insbesondere bei indigenen Angelegenheiten, ist man sich leider gewohnt.

Ist die Natur gesund, bleiben wir gesund

Die derzeitige globale Pandemie sowie andere Infektionskrankheiten der letzten Jahrzehnte stehen in direktem Zusammenhang mit der Ausbeutung der Natur. Bereits 2012 veröffentlichte die New York Times einen Artikel , in dem Wissenschaftler darauf hinweisen, dass die Abholzung der Wälder eine klare und starke Triebkraft für die Übertragung von Infektionskrankheiten ist. Die Entwicklung solcher Krankheiten ist komplex: Die zunehmende Abholzung führt dazu, dass einheimische Wildtierarten immer öfters neuen Lebensraum suchen müssen. Auf der Suche nach intaktem Regenwald kommen die Wildtiere mit Nutztieren wie Rindern in Kontakt – beispielsweise durch ihre Ausscheidungen ins Gras, welches die Rinder fressen – und übertragen die Krankheitserreger auf die Rinder. Die Rinder werden später für den Fleischkonsum geschlachtet und von Menschen weltweit konsumiert.

Indem die indigenen Gemeinschaften den Regenwald schützen, spielen sie also eine zentrale Rolle bei der Vorbeugung von Infektionskrankheiten.

Mit Solidarität durch die Krise

Solidarität in der Corona-Krise heisst nicht nur Hilfspakete für die Schweizer Wirtschaft und Einkäufe für die betagten Nachbarn. Besonders verletzliche Gruppen wie die Indigenen in Brasilien, die Tag für Tag für ihre Rechte kämpfen müssen und nun umso mehr von der Regierung und staatlicher Hilfe im Stich gelassen werden, sind ebenso auf Solidarität angewiesen.

Die GfbV unterstützt die indigenen Gemeinschaften der Munduruku, Tupinamba und Yanomami, damit sie trotz COVID-19 ihren jahrhundertealten Kampf für Land und einen intakten Regenwald weiterführen können!

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